“Models wanted”

    Vor zwei Wochen habe ich ein Angebot bekommen, Pornos zu drehen und mich zu prostituieren, und das, obwohl ich eigentlich nur meine Druckerpatrone hatte nachfüllen lassen wollen.

    Was ist passiert?

    Ich war in einem Laden, in dem man Druckerpatronen nachfüllen lassen kann. Ich war ganz normal gekleidet, und ich denke eh, dass Menschen, die mich nicht kennen, meine Prostitutionsvergangenheit nicht an meiner Nasenspitze ablesen können. Umso krasser, was dann passiert ist.

    Als der Shopbesitzer mir die aufgefüllte Patrone überreichte, meinte er: “Ich lege Dir mal noch meine private Visitenkarte dazu, falls Du bisschen Geld verdienen möchtest” – und da ich dachte, es handle sich um ein Nebenjobangebot im Laden, hab ich nur gelacht und gesagt: “Danke, lieb, aber ich bin arbeitstechnisch wirklich ausgelastet.” Daraufhin schaute mir der Ladenbesitzer intensiver in die Augen und meinte: “Schau´s Dir trotzdem mal an, solche wie Dich suchen wir.”

    Hab ich mir nichts dabei gedacht. Erst, als ich Zuhause auspackte, fiel mir die Visitenkarte in die Hände. Schon die Vorderseite fand ich nicht sehr seriös. Sah für mich jetzt auch nicht aus wie ein Angebot für einen Nebenjob im Druckerpatronenladen. Als ich sie umdrehte, traf es mich dann wie ein Schlag ins Gesicht: “Mitarbeiterin gesucht: Webcam, Hostess, Servicekraft” – WHAT? Der Typ hat mir ernsthaft vorgeschlagen, ich könne für ihn Pornos drehen? Und dass in diesem Zusammenhang das Angebot “Hostess” keine Messebegleitung ist, dürfte ja auch klar sein.

    Zuerst dachte ich, es läge an mir. Dass man es mir vielleicht doch ansieht. Klamotten zu knapp, Haare zu blond und zu offen, zu viel Schminke im Gesicht?

    Aber dann wiederum, wie viele Frauen laufen rum wie ich und haben keine Vergangenheit im Rotlichtmilieu.

    Also drückt der das einfach allen Frauen, die in seinen Laden kommen und die ins sein Schema passen, in die Hand? Wie krass ist das? Und ist das nicht eigentlich sexuelle Belästigung, wenn man ganz simpel Druckerbedarf kaufen will und ungefragt und kontextlos Angebote bekommt, für Geld zu ficken?

    Und da kommen wir zum Kern des Problems: in Deutschland, wo Prostitution nicht als Gewalt gegen Frauen, sondern als “Job wie jeder andere” verharmlost wird, wo die Gewalt, die Frauen in diesem “Beruf” erleben, verschwiegen wird, war das hier keine Belästigung, Frechheit, Beleidigung, Herabwürdigung, sondern ein ganz normales Jobangebot. Als hätte er mich gefragt, ob ich im Druckerladen hinterm Tresen stehen will.

    Dort, wo Freiertum als normales Kundenverhalten gilt und dort, wo es kein Problem ist, Frauen sexuell auszubeuten, ist die Frage “Willst du für mich Pornos drehen oder magst Du für mich anschaffen?” nichts frauenverachtendes mehr, sondern ein Stellenangebot.

    Das sollte allen, die das Bordell Deutschland verharmlosen, klar sein.

    Und man kann nur hoffen, dass dieser Typ diese Visitenkarten nicht an Minderjährige verteilt. Aber irgendwelche Frauen werden schon verzweifelt, neugierig, arm genug sein, um darauf einzugehen.

    Und das ist einfach richtig schlimm.

    Ich sage das hier nicht, um den Laden zu diffamieren. Aber ihr könnt euch sicher sein, dass ich mich beschwere.

    Das hier ist nur ein kleiner Vorfall. Aber er zeigt, was schiefläuft, und wo wir hinkommen, wenn Sexkauf “ein Job”, Freier “normale Kunden” und Zuhälter “Geschäftsmänner” sind.

    Und das geht alle Frauen an. Auch Dich. Prostitution betrifft alle Frauen, Du kannst nicht länger wegschauen. Sonst bist Du irgendwann die, die solche Kärtchen kriegt – oder Deine Tochter.

    Wie fändest Du das denn?

    (c) Huschke Mau