Was Prostitution und Strafgesetzgebung bei Vergewaltigung miteinander zu tun haben

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Ach Deutschland, Du Steinzeitland.

Heute Morgen habe ich von folgendem aktuellem Fall gelesen: In Bonn hat ein Türsteher seine Exfreundin, gegen die er schon mehrfach gewalttätig geworden war, vergewaltigt. Diese hatte sich, da sie sich mit ihm an einem isolierten Platz befand und Todesangst hatte, nicht gewehrt, weil sie ( zu Recht) befürchtete, er könne sie bei Gegenwehr umbringen. Der Täter hat die Tat mit dem Handy gefilmt und seine Exfreundin gefragt: „Na, gefällt Dir das?“, sowie sie gezwungen, dazu vor laufender Handykamera „Ja“ zu sagen.
Die Richter sind der Meinung, hier keine Vergewaltigung nachweisen zu können. Schliesslich habe die Frau auf dem Video „Ja“ gesagt.

In Deutschland hat jahrelang nicht mal ein „Nein heisst Nein“ gegolten. Bis vor wenigen Jahren war es keine Vergewaltigung, wenn die Frau einfach nur bekundete, den Sex nicht zu wollen. Nein, für den Straftatbestand „Vergewaltigung“ war „massive Gegenwehr“ nötig. Das Problem: viele Vergewaltigungsopfer fallen in eine Art Schockstarre oder wehren sich nicht, weil sie instinktiv wissen, dass es sonst eskaliert und sie in Lebensgefahr schweben.

Auf der Seite “Ich hab nicht angezeigt” werden solche Freisprüche gesammelt. Es ist absurd, was in Deutschland möglich ist. In den Begründungen ist zu lesen, dass der Täter doch nicht habe wissen können, dass die Frau, bloss weil sie sichtbar weinte, nicht willens sei, den Geschlechtsverkehr weiter zu dulden. Oder dass sie doch hätte aus dem dritten Stock springen können, wenn sie wirklich etwas gegen den Sex gehabt hätte. Und so weiter und so fort.

Okay, jetzt gilt endlich in Deutschland das „Nein heisst Nein“.

Das ist aber nicht genug.

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Eigen- und Fremdwahrnehmung bei Mädchen und Frauen mit sexuellem Trauma

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(Oder: Wenn Du auch immer denkst, Menschen, die Dich toll finden, irren sich und begehen einen fatalen Fehler, dann ist das hier für Dich.)

Am Wochenende kam auf den Social Media Kanälen einer ZDF-Sendung ein 5-minütiges Videostatement von mir zu meiner Zeit in der Prostitution. In der Kommentarspalte wurde so gut moderiert, wie ich es noch nie gesehen habe. Zwar wurden gegenteilige Meinungen natürlich stehengelassen, aber sämtliche Beleidigungen und persönlichen Angriffe gegen mich wurden gelöscht. Ausserdem gab es ein megalanges Interview mit mir in der Noizz, das sehr sehr persönlich war, und ich habe fast nur positive Rückmeldungen bekommen.

Das hat mich in eine tiefe Identitätskrise gestürzt – ich saß heute früh heulend bei meiner Traumatherapeutin (eine Frau, die ich außerordentlich liebe) und habe sie gefragt, ob es sein kann, dass ich eine Psychose und mir meine ganze Geschichte nur ausgedacht habe und ob es sein kann, dass ich Leute anlüge. Klingt irre? Lass mich kurz erklären. Wenn Du ein sexuelles Trauma, egal ob durch sexuellen Missbrauch in der Kindheit, Vergewaltigung später oder Prostitution erlebt hast, wirst Du das kennen.

Ich bin Aktivistin für Frauen- und Mädchenrechte und für die Abschaffung der Prostitution. Ich werde täglich angegriffen (und auch bedroht). Und plötzlich waren da am Wochenende nur noch Antworten auf meinen Beitrag in der Kommentarspalte, die positiv waren. „Du bist so mutig“, „du bist so klug“, „du hast das so gut erklärt“, „was für eine schlimme Geschichte, ich wünsche dir alles Gute“, „du bist ein echtes Vorbild“.

AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAaH!!!!

Bitte aufhören.

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Bußgelder für Frauen in der Prostitution

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Heute möchte ich euch darauf aufmerksam machen, dass der deutsche Staat auch während Corona Frauen in der Prostitution ausbeutet und sich selbst damit zu ihrem Zuhälter macht.

Allein in Hamburg mussten Frauen, die sich aus der Not heraus trotz des aktuellen Prostitutionsverbots zum Sex gegen Geld angeboten haben, insgesamt über 56.000 Euro Strafe zahlen. In Worten: Sechsundfünfzigtausend Euro!

Sie werden das Geld zusammenkriegen, indem sie weiter anschaffen. Anschaffen für den deutschen Staat!

Aber von Anfang an.

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Ein Sprung ins kalte Wasser

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Heute bin ich mal wieder ins kalte Wasser gesprungen.

Als ich aus der Prostitution ausgestiegen bin, war das schlimmste für mich, nicht darüber sprechen zu können, was ich dort erlebt habe.
Die Gesellschaft hat mir rückgemeldet, dass es an mir liegen muss, wenn ich psychische Verletzungen aus der “Sexarbeit” in mir trage. Schlug ich die Zeitung auf, sprangen mir Anzeigen für Prostitutionskontakte entgegen. Oder Artikel über das “spannende, tolle Rotlicht”. Ging ich aus der Tür, sah ich riesengrosse Plakate für die Bordelle unserer Stadt. Lief ich auf der Straße entlang, fuhren an mir Taxis mit Puffwerbung vorbei. Und sprach ich über meine Prostitution, wurde ich beschämt.

Als ich angefangen habe, als Aktivistin tätig zu werden und über meine Zeit in der Prostitution zu sprechen, war das ein Sprung ins kalte Wasser. Mein erster Text ging sofort viral und ich stand völlig unter Schock. Und seitdem habe ich Angst.
Ich habe Angst vor den Drohungen und Gewaltankündigungen und Vergewaltigungsdrohungen, die ich bekomme. Angst vor einem Outing. Angst vor dem Stigma. Spreche ich auf Konferenzen, habe ich die ganze Nacht danach schreckliche Panikattacken.

Aber.

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Prostitution: Schweden verschärft das Nordische Modell

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Ich war lange in Deutschland in der Prostitution. Und es war schlimm. Zu sehen, wie Freier sich benehmen, wie hemmungslos sie uns prostituierte Frauen missbrauchen und vor allem, dass sie damit durchkommen, hat mich schwer traumatisiert. Die deutsche Prostitutionsgesetzgebung ist frauenfeindlich ohne Ende. Sie schützt die Täter. Denn Freier SIND Täter.

Schweden hat eine ganz andere Prostitutionspolitik als Deutschland. Dort ist es verboten, sich eine Frau zu kaufen. Frauen in der Prostitution hingegen machen sich nicht strafbar. Sie bekommen Ausstiegshilfen, wenn sie das wollen.
Schweden definiert Prostitution als Gewalt gegen Frauen. Bisher gab es auf den Kauf von Sex hohe Geldbußen. Damit ist jetzt Schluss. Das sogenannte „Nordische Modell“ wird verschärft.
Angedacht sind: Haft- statt Geldstrafen beim Verstoß gegen das Sexkaufverbot und die Verfolgung von schwedischen Männern, die sich im Ausland Sex kaufen. Beides ist noch nicht durch.
Bereits beschlossen ist aber die Ahndung des Sexkaufs mit Hilfe eines neuen zusätzlichen Straftatbestandes: dem der „fahrlässigen Vergewaltigung“.

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“Wenn du Prostitution schlimm fandst, warst Du halt die Falsche für den Job”

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Eins der widerlichsten Dinge, die ich als Exprostituierte regelmässig zu hören bekomme, sind Äußerungen wie diese – hier von einer „Sexarbeiterin“, die sich für eine Legalisierung der Prostitution einsetzt: wenn ich Prostitution als so schlimm empfunden hätte, sei ich einfach die Falsche für den Job.

Äußerungen wie “Prostitution kann kein Missbrauch sein, denn du hast dazu ja gesagt” oder “aber du konntest dir deine Kunden doch aussuchen” oder “wenn es dir damit schlecht ging, warst du halt die Falsche für den Job” sind einfach ganz großer Mist.

Ich möchte kurz analysieren, warum diese Aussagen Bullshit sind, vor allem aber diese hier in dem Tweet.

1. Die Aussage, ich sei unvermögend, quasi ungeeignet für „den Job“, also für Prostitution, stellt die Illusion her, es gäbe kein Problem mit Prostitution, sondern Frauen wie ich seien das Problem und Prostitution einfach der „falsche Job“ für uns. Aber wenn Frauen und Mädchen Prostitution als traumatisierend erleben, dann liegt das nicht an den Frauen und Mädchen. Sondern an der Prostitution. Studien zeigen doch deutlich, dass Frauen und Mädchen, die in der Prostitution waren, Posttraumatische Belastungsstörungen aufweisen, die ähnlich heftig sind wie die von Leuten, die gefoltert worden sind – und warum? Weil Prostitution sexuelle Folter IST. Liebe Leserin, kannst Du Dir für Dich vorstellen, mit einem Mann zu schlafen – KONKRET: dir übers Gesicht lecken, in die Brustwarzen beißen, den Finger in die Vagina rammen, Dich mit Sperma bekleckern zu lassen – dem gegenüber Du Widerwillen und Ekel verspürst? Kannst DU das? Nein? Warum also meinst Du, es gäbe eine Gruppe von Frauen, denen das nichts ausmachen würde? Wir sind Frauen genau wie DU. Wir empfinden nicht anders als Du. Der einzige Unterschied besteht in unseren Lebensumständen.

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“Darf ich mir als 14-jähriger eine Prostituierte bestellen?”

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Dies fragt ein pubertierender Junge im Internet. Die Antwort eines erwachsenen Mannes: er könne durchaus versuchen, ein gleichaltriges Mädchen zu Sex gegen Geld zu überreden, solle aber aufpassen, dass die Eltern des Mädchens nichts merken.

Ja, Deutschland, das ist Deine Freierkultur.

Prostitution ist hier legal, sie ist eine Dienstleistung, sich eine Frau für Sex zu kaufen ist normal.

Der Menschenhandel, die Zwangsprostitution, die psychischen und physischen Schäden, die Frauen in der Prostitution erleiden, all die Gewalt, sie wird hingenommen.
Das Verhalten von Freiern, Frauen sexuell auszubeuten, sich Zugang zu ihnen zu erkaufen, sich ein JA zu erkaufen, obwohl die Frauen keinen Bock auf Sex mit ihnen haben, sondern nur das Geld brauchen, all das ist in Deutschland erlaubt.
Dabei ist Prostitution eigentlich nichts anderes als aus finanziellen Gründen geduldeter sexueller Missbrauch.
Was geschieht mit Jungs und Männern, die in einer Kultur aufwachsen, in der das normal ist? In der Jungs lernen, dass es nicht wichtig ist, ob auch die Frau / das Mädchen Lust auf den Sex hat, solange ein paar Geldscheine rüberwachsen? In der Jungs lernen, dass man sich Frauen kaufen kann, wie alles andere, was im Schaufenster steht? In der sie lernen, dass Mannsein heisst, ein Recht auf Sex zu haben?

Das hier könnte Dein Sohn sein.

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