Eine Geschichte aus München

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Es gibt Tage, an denen denke ich, mein Herz zerbricht und mein Verstand dreht durch. Ich schäme mich gerade so sehr, dass ich Tränen in den Augen habe. Es ist unerträglich für mich als Exprostituierte, dass so etwas immer noch Frauen geschieht, hier, in Deutschland.

Eine 31-jährige Frau kommt nach Deutschland.

Sie hofft, der Armut ihres Herkunftslandes zu entfliehen.

Sie durfte nie lesen und schreiben lernen.

Sie hat 2 Kinder.

Alles, was sie sich wünscht, ist, dass sie eine Wohnung bekommen.

Dass sie normal aufwachsen dürfen.

Dafür geht sie auf den Strich am Münchner Hauptbahnhof.

Denn anders sieht sie keine Chance, Geld zu verdienen.

Dann kommt Corona.

Prostituierte werden bestraft, wenn sie anschaffen.

Aber sie sieht keinen Ausweg.

Sie wird obdachlos.

Sie muss die Kinder durchbringen.

Sie schafft heimlich an.

Streitet sich mit einem Freier um Geld, kommt wegen Diebstahls ins Gefängnis.

Wird wieder frei.

Schafft wieder an.

Wird erwischt.

Hat immer noch keine Wohnung, keine Perspektive, keine Chance auf berufliche Ausbildung, darauf, lesen und schreiben lernen zu dürfen, weiß immer noch nicht, wie sie die 2 Kinder durchbringen soll.

Was sie bekommt: eine Geldstrafe von 1.000 Euro dafür, dass sie heimlich angeschafft hat.

Mein Herz bricht. Ich schäme mich für dieses Land, in dem Frauen aus so unsäglich armen Ländern die Hoffnung auf ein besseres Leben zertreten wird. In der Mütter mit Kindern obdachlos sind. Menschen nicht das Alphabet lernen dürfen. Frauen keine andere Chance sehen, als anzuschaffen. Ein Land, in dem Männer die Not dieser Frauen ausnutzen, um sie sexuell auszubeuten. Ein Land, in dem die Obrigkeit diese Frauen zu Geldstrafen verurteilt, von der wir alle wissen, wie sie heranschaffen werden. Es ist ein himmelschreiendes Unrecht, das mitten in Deutschland geschieht. Ich habe keine Worte mehr dafür.

Das Nordische Modell muss her. Prostitution ist sexuelle Gewalt. Freier gehören bestraft. Prostituierte brauchen keine Strafen, sondern Alternativen und Ausstiegsmöglichkeiten. Ich schreibe jetzt die SZ an, ob sie den Kontakt zu der Frau vermitteln können. Ich will nicht, dass sie in ihrer Obdachlosigkeit und ihrem Hunger und ihrer Sorge um ihre Kinder auch noch für den deutschen Staat ficken muss.

Wir vom Netzwerk Ella zahlen ihr die 1.000 Euro. Und alles, was sie sonst noch braucht. Ich halte euch darüber auf dem Laufenden. Aber vorher muss ich versuchen, die Scham darüber abzulegen, dass Deutschland so mit Frauen umgeht.

Wenn Du spenden möchtest:

Empfänger: ALARM Gegen Sexkauf und Menschenhandel e.V.

Betreff: ELLA

IBAN: DE10 5135 0025 0205 0583 37

BIC: SKGIDE5FXXX (Sparkasse Gießen)

Bitte unbedingt unter dem Betreff: “ELLA”

Und hier der Beitrag aus der SZ, in dem auf diesen Fall verwiesen wird.

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-hauptbahnhof-prostitution-urteil-1.5308001