Weggehen können vom angekreischt werden, von immer denselben Fragen, Unterstellungen, Provokationen. Feierabend vom Sichrechtfertigen dafür, dass man für eine Welt eintritt, in der es keine kommerzialisierte sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen mehr gibt.
Den Stecker ziehen.
Einfach weggehen.
Wohin, wo es die Welt nicht gibt.
Altes Land, blecherne Kriegsdinge vergraben im alten Boden.
Blumenkleider, Esel, hinter jedem Baum eine Sage, in jedem Haus ein Gespenst. Manchmal fällt ein Ziegel vom Dach.
Aufwachen, offline sein, es gibt hier gar kein Online.
Die Gedanken ordnen dürfen, aus dem Kopf fallen lassen dürfen, keine Angst mehr haben. Das Herz weit machen, die Seele in die Bäume atmen lassen.
3 Katzenbebis spielen im Garten und ein Seelenkater schickt kräftig Zeichen. Von Deinem Herz zu meinem Herz verbindet uns eine goldene Schnur. Wenn ich ein Vergißmeinnicht sehe weiß ich, Du bist bei mir.
Niemand ahnt, wo ich bin. Ein Kraftfeld wie eine Schutzmauer. Eine Tarnkappe, um frei zu sein.
Um dieses Land herum hat ein zauberkundiges Wesen einen magischen Kreis gezogen, der es vor der Welt verbirgt. Wer nicht weiß, dass es dieses Land gibt, sieht es nicht, ahnt es nicht und kann es niemals betreten. Für Nichteingeweihte ist es unsichtbar.
Hier verstecke ich mich vor der Welt, habe meine eigene. Sie ist reich und bunt und geheimnisvoll, und der Himmel ist weit in ihr.
Ohne einen solchen Ort kein Kampf für eine Welt ohne Prostitution.
Er ist vergessen, abgetaucht, unauffindbar. Heimlich ist schöner.
Nachts höre ich das Käuzchen und Schritte vor dem Fenster. Hier ist kein Haus ohne Spuk und kein Wäldchen ohne Geschichte. Manchmal fällt man aus der Zeit aus Versehen in eine andere hinein. Dann steht wieder ein verirrter Soldat am verhexten Wegkreuz im Wald und weiss nicht, wohin. Der Soldat spricht eine fremde Sprache. Du musst dem Gespenst den Weg zeigen, denn der Soldat, er will nach Hause gehen, nach all den Jahrhunderten endlich nach Hause gehen.
Du brauchst keine Angst zu haben, hier ist immer Krieg, hier ist immer Frieden. Hier ist alles gleichzeitig, das Alte, das Neue, das Vergangene, das Heute. Das Morgen schläft noch.
In der beirrlichterten dunklen Nacht grabe ich meine Hände in die schwarze Ackererde und ziehe zauberhafte Kreidekreise auf dem alten Feld. Im Morgengrauen kommt, was man nachts gerufen hat. Wie ein Windfetzen, der nebenherläuft. Ein zärtliches Angepustetwerden vom uralten Geschichtenkosmos. Du bist da, immer.
Ein Wunsch. Mein Krabatland. Bald.
Dieses Land ist so weit und so tief wie mein Herz.
Und der Esel heisst Evi.
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© Huschke Mau
Foto: © Sven Döring