„Wir wollen wieder Sex!“, titelte die BILD diese Woche…

    … bezüglich des Protests von Frauen aus der Prostitution in Hamburg, und ich als Exprostituierte hab mich fast übergeben, als ich dieses Bild zugeschickt bekam. Nein, das hier ist nicht nur die übliche BILD-Widerlichkeit, die wir kennen. Das hier geht tiefer. Da kommen Erinnerungen hoch an Freier, die mich fragten:

    „Na, Du hast wohl Dein Hobby zum Beruf gemacht? Merkt man.“

    “Du fickst richtig gerne, oder?”

    „Man, den ganzen Tag ficken, das würde ich auch machen, wenn ich könnte, stell ich mir richtig geil vor.“

    „Kann ich verstehen, dass Du das tust, leicht verdientes Geld.“

    „Du kriegst einfach nicht genug, oder?“

    „Du bist so eine richtig geile Sau, Dir dürfte man hier überhaupt keinen Feierabend geben, das wäre Verschwendung.“



    Waaaah. Schnell die Gedankentruhe mit den Erinnerungen wieder zuschlagen. Schnell den Deckel drauf.

    Man!

    Die Frauen auf der Reeperbahn haben protestiert, weil sie vor dem Ruin stehen. Sie dürfen gerade nicht anschaffen, die Bordelle bleiben zu. Das Problem: für viele dieser Frauen stehen keine weiteren Optionen offen. Gesonderte Hilfen für Frauen in der Prostitution sind trotz Corona nicht vorgesehen. Es ist eine besondere Abartigkeit des Patriarchats, Frauen das Recht auf Existenz nur dann zuzugestehen, wenn sie dafür ficken. Wir erinnern uns, denn so lange ist es noch nicht her:

    Nicht NEIN sagen dürfen zum Ehemann, dafür freie Kost und Logis in seinem Haus.

    Nicht NEIN sagen dürfen zum grabschenden Arbeitgeber, sonst Rausschmiss.

    Nicht NEIN sagen dürfen zum Freier, sonst keine Kohle.

    Zwischen der Frau und ihrem Existenzrecht steht im Patriarchat der Mann. Ohne sexuelle Verfügbarkeit kein Recht auf Dasein. Aber das reicht eben nicht. Es wird auch noch verdreht.

    Wisst ihr, warum wir Frauen aus der Prostitution manchmal sagen „Es ist nur ein Job“, obwohl Ficken gegen Geld ja nun gerade mal kein Beruf, sondern erduldeter sexueller Missbrauch ist?

    Das hat auch damit zu tun, dass wir sonst als sexuell abartige, nie genug bekommende, männerverschlingende, ewig geile Nymphomaninnen gesehen und beschimpft werden. Und das ist die ultimative Demütigung: die lässt sich nicht nur sexuell benutzen für Geld, der macht das auch noch Spass, was für ein kleines Dreckstück.

    Die WILL das so.

    Die BRAUCHT das so.

    So denken Freier über uns.

    Aber so denkt auch die Gesellschaft über uns.

    Und die BILD, augenscheinlich.

    Die BILD, sie ist hier der schwabbelbäuchige, 30 Jahre ältere Freier, der sabbernde Grabscheopi, der jungen Frauen, die sich das Geld für ihre Kinder in Rumänien zusammenficken müssen, im Puff als erstes zwischen die Beine langt und irgendeinen widerlichen Spruch raushaut, bei dem sich einem schon vom Zuhören sämtliche Körperzellen übergeben.
    Sowas wie „Ah, du bist ja schon so nass, kannst es wohl kaum erwarten, du kleine Schlampe.“

    Ja, das bist Du, liebe BILD.

    Die Frauen auf der Reeperbahn brauchen und wollen keinen Sex. Die brauchen Geld.

    Krieg endlich Deine ekelhaften Grabeschopi- und Freierfantasien in den Griff, BILD, und hör auf, Dir in der eigenen Redaktion einen auf die Notlagen von Frauen runterzuholen.

    Pfui, schäm Dich, BILD, Du widerlicher Schmutz!