In Erinnerung an Andrea K.

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Hier, Deutschland, das ist ein weiteres Opfer Deiner liberalen Prostitutionspolitik und der Tatsache, dass Du zu wenig tust gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. SIEH ENDLICH HIN!

Gestern hat die Polizei im Fall des Mordes an der zur Prostitution gezwungenen Andrea K. vier Menschen festgenommen. Einer davon ist ihr “Freund”, der sie zur Prostitution gezwungen hat. Ein weiterer ist ein anderer Zuhälter, an den Andrea K. vermutlich verkauft werden sollte, wogegen sie sich wohl gewehrt hat.

Andrea war 19 Jahre alt, als sie starb. Der / die Täter haben ihr die Hände auf dem Rücken gefesselt, ihr eine Gehwegplatte an den Füßen befestigt und sie lebendig in die Weser geworfen, wo sie ertrank. Andrea hat es nicht leicht gehabt in ihrem Leben, ihr Vater starb, als sie noch ein Kind war, ihre Mutter saß im Gefängnis, sie selbst landete im Heim und rutschte später in Drogenkonsum und durch ihren “Freund” (Zuhälter) in die Prostitution ab. Sie hinterlässt zwei kleine Kinder.
Bis vor wenigen Tagen hat ihre Familie noch Geld für ihre Beerdigung gesammelt.
Weil sie sich diese Beerdigung nämlich nicht leisten kann.

Ich verstehe nicht, wieso nicht mehr berichtet wird.
Ich verstehe nicht, wieso das hier nicht als der Skandal behandelt wird, der es ist.
Andrea ist eine von annähernd 100 (einhundert!!!!) Frauen, die seit dem Jahr 2000 in der deutschen Prostitution ermordet worden sind. Aber davon hören wir nichts. Einfach gar nichts.

Wenn es in Deutschland in Politik und Medien um Prostitution geht, wird noch immer von “Sexarbeit” und “Freiwilligkeit und Selbstbestimmung” gesprochen. Von Zwangsprostitution, Zuhälterei und Menschenhandel wird nur so geredet, als wäre das ein nicht zu änderndes Beiprodukt – und die Ausnahme. Und als könne man nichts machen. “Schlimm, aber sowas kommt vor.” Ja, danke.

Ich war selber in der Prostitution. Jetzt bin ich Aktivistin für Frauenrechte, aber in der Prostitution hatte auch ich Zuhälter und Bordellbetreiber, die mich außerordentlich unter Druck gesetzt haben. Die verlangt haben, dass ich mich freikaufe, wenn ich gehen will. Die aussteigewillige Kolleginnen von mir terrorisiert haben. Zerstochene Reifen, Vergewaltigungen, Bedrohungen, Schläge.

All das geschieht, weil es in Deutschland legal ist, sich als Mann sexuellen Zugang zu einer Frau zu kaufen. Weil es legal ist, Freier zu sein. Andrea wurde zur Prostitution gezwungen. Das bedeutet, jeder einzelne Freier, den sie hatte, hat an ihr eine Vergewaltigung begangen. Jeder. Einzelne. Freier.

Und jeder einzelne Freier hat Schuld daran, dass in Deutschland Frauen von Zuhältern und Menschenhändlern dazu gezwungen werden, ungewollte sexuelle Handlungen zu erdulden. Denn in Deutschland lohnt es sich mal richtig, eine Frau zum anschaffen zu zwingen. Wir haben nämlich sehr, sehr viele Freier. Und das bedeutet, es lässt sich viel, viel Kohle machen.

Unser Staat hat eine der liberalsten Prostitutionsgesetzgebungen der Welt. Und zu was hat das geführt? Nicht zu mehr Sicherheit für Frauen und Mädchen in der Prostitution. Sondern zu noch mehr Zwangsprostitution. Zu noch mehr Menschenhandel. Zu noch mehr verrohten Freiern, die über Mädchen drüberrutschen, die von Zuhältern gezwungen werden, das alles zu erdulden. Die Schläge bekommen, vergewaltigt werden, die ermordet werden – von Freiern, die mit ihren “sexuellen Dienstleistungen” nicht zufrieden sind. Von Zuhältern, die sie nicht aussteigen lassen.

Deutschland, Du bist unfähig, Deine aus dem Nest gefallenen Mädchen zu schützen.
Du schützt nur Deine Freier.
Die Mädchen, die aus instabilen Familien kommen, die Mädchen, die sexuell missbraucht wurden, die arm sind, die kein soziales Netz haben oder die aus den Armenhäusern Europas kommen, die wirfst Du Deinen Freiern zum Fraß vor.

Ich bin so traurig und wütend. Wir hören nie von Frauen wie Andrea, wenn es darum geht, was in der deutschen Prostitution schiefläuft. Sie werden einfach verschwiegen. Sie fallen hinten runter. Als wären sie der Kollateralschaden dafür, dass in Deutschland das Geschäft mit dem Sex weiterlaufen kann.

Ich könnte in die Tischkante beißen vor Verzweiflung, und mein Herz schmerzt.

Das hier sind die Realitäten in der Prostitution. Das steckt hinter eurer “Sexarbeit”, hinter euren “sexuellen Dienstleistungen”, hinter eurem sauberen “ordentlichen Prostitutionskunden”. Und ich bin so angewidert davon, dass die deutsche Politik nichts ändert.

In Schweden, in Island, Norwegen, Nordirland, Irland, Israel, Kanada und in Frankreich ist es verboten, Freier zu sein. Weil diese Länder kapiert haben, dass Freiertum bedeutet, sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen auszuüben. Dort kriegt jeder, der davon profitiert, dass eine Frau anschafft, richtig, richtig Stress. Diese Länder machen es Zuhältern, Menschenhändlern und Freier richtig schwer.
Frauen und Mädchen bekommen dort Ausstiegshilfen.

Das ist das Nordische Modell. Das brauchen wir auch.

Die Gewalt gegen Frauen und Mädchen, auch in der Prostitution, sie muss aufhören.
In Schweden gibt es seit Einführung des Nordischen Modells EINE Frau aus der Prostitution, die ermordet worden ist – und das von ihrem Freund, der nicht ihr Zuhälter war.
In Deutschland sind es im gleichen Zeitraum, seit der kompletten Legalisierung der Prostitution ungefähr EINHUNDERT Frauen und Mädchen, die von Freiern oder Zuhältern ermordet worden sind.

Es MUSS sich was ändern! Es MUSS!

Aber Deutschland liebt seine Zuhälter und Menschenhändler zu sehr. Der Nachwuchs für die deutschen Männer, die massenweise in die Puffs rennen hier und drüberrutschen, auch wenn sie ganz klar sehen, dass sie eine Zwangsprostituierte vor sich haben, der Nachschub muss ran.

Deutschland hat keine Liebe für die Opfer dieser Prostitutionspolitik.
Für die geschlagenen, vergewaltigten, bedrohten, in Flüssen versenkten und in Kühltruhen zerstückelten Frauen und Mädchen, die diese Prostitutionspolitik ausbaden soll.

Sie werden nicht einmal erwähnt.

Aber wir Abolitionistinnen, wir Feministinnen, wir Aussteigerinnen aus der Prostitution, wir werden sie erwähnen. Bei jeder Gelegenheit werden wir das denen, die die herrschende Prostitutionspolitik weiter verteidigen, aufs Brot schmieren.

Dein Name war Andrea K.
Du hattest ein anderes Leben verdient.
Du hast ÜBERHAUPT zu leben verdient.

Wir vergessen Dich nicht.

(c) Huschke Mau