Prostitutionsgesetzgebung: Was ist das Nordische Modell?

    Das sogenannte „Nordische Modell“ (auch: abolitionistisches Modell, Gleichstellungsmodell) wurde zuerst in Schweden eingeführt, und zwar im Jahr 1999. Ihm ging jahrzehntelange Forschung voraus: Mitglieder der Regierungskommission stellten gängige Narrative in Frage, die besagten, Prostituierte seien schlecht, moralisch verkommen oder irgendwie „anders geboren“. 

    Die ForscherInnen gingen zu den Frauen hin und fragten sie: Warum machst Du das? Wie geht es Dir? Was brauchst Du? Sie hörten aber nicht nur ihnen zu – sondern auch den Freiern, und sie erfuhren dabei, wie frauenverachtend und ausbeuterisch das System Sexkauf ist.

    Aus ihren Erkenntnissen ging ein 800 Seiten langer Forschungsbericht hervor, in dem auf 140 Seiten die betroffenen prostituierten Frauen zu Wort kamen.

    Eine weitere Forschungsarbeit mit den Biographien von 224 prostituierten Frauen folgte im Jahr 1983, außerdem wurde in Studien über Freier und Zuhälter investiert. Daraus entwickelte man das Nordische Modell, das als Gesetzespaket 1999 in Schweden in Kraft trat.

    Es besteht aus 5 Säulen:

    1. Der grundlegenden Annahme, dass Prostitution sexuelle Gewalt gegen Frauen ist, und dass eine fortschrittliche Gesellschaft nicht dulden kann, dass Konsens mit Geld umgangen wird.
    • Der völligen Entkriminalisierung der sich prostituierenden Frauen (und Männer, Jungs): sich gegen Geld anzubieten stellt explizit keine Straftat dar, denn jede darf mit ihrem Körper machen, was sie will, auch, wenn es sich dabei um selbstverletzendes Verhalten handelt. Der schwedische Staat hat erkannt, dass Frauen Gründe dafür haben, sich zu prostituieren.
    • Bestraft wird nicht, wer sich prostituiert, sondern, wer Sex kauft: Freier zu sein, ist unter dem Nordischen Modell strafbar: denn Konsens zu umgehen und Frauen sexuell auszubeuten wird nicht geduldet. Ebenso bestraft werden andere Profiteure der Prostitution: Zuhälter, Menschenhändler, Bordellbetreiber, Escortagenturbetreiber.
    • Es werden Ausstiegsangebote, Beratungsstellen und Alternativen für die betroffenen Frauen zur Verfügung gestellt.
    • Die Gesellschaft wird über Präventions-, Bildungs- und Aufklärungsprogramme hinreichen über die Realitäten in der Prostitution, über ihre Opfer und die Täter aufgeklärt.

    Ziel des Nordischen Modells ist die Verringerung der Anzahl von Männern, die als Freier in Erscheinung treten. Für sie gibt es aber nicht nur Strafen, sondern auch Beratungsangebote. Über die deutliche Verringerung der Nachfrage soll zudem ein Zurückdrängen von Zwangsprostitution und Menschenhandel erreicht werden.

    Auch wird Prostitution für die betroffenen Frauen so sicherer gemacht: die Gewalt gegen sie geht zurück. Die Gesellschaft profitiert zudem von der Abschaffung eines verachtenden Frauenbilds und einer gestörten Auffassung von sexuellem Konsens – mehr echte Gleichberechtigung ist so möglich.

    Inzwischen haben weitere Staaten das Nordische Modell übernommen: Norwegen (2009), Island (2009), Frankreich (2016), Irland (2017) und Israel (2018).

    © Huschke Mau