Shoutout an alle Frauen, die in der Prostitution waren und die mir wegen meines “Wiedereinstiegsgedankenkreisel”-Textes geschrieben haben, dass sie diese Gedanken, in die Prostitution zurückzugehen, kennen und sich schämen – und auch an alle, die sich zu schreiben nicht getraut haben, die die Gedanken aber auch kennen.
Ihr seid nicht allein. Ich bin seit 4 Jahren Aktivistin, und ich habe
nicht nur vom Gefühl her begriffen, dass Prostitution schadet, sondern
kann die politische Analyse auswendig und ihr könnt mich nachts wecken,
um 2, und ich diskutiere das knallhart mit euch aus.
TROTZDEM habe
ich diese Gedanken mich wieder zu prostituieren immer noch, und ich
möchte, dass ihr wisst, dass ihr nicht allein damit seid.
Es gibt
so viele Gründe, zurückzugehen. Geldnot. Traumareinszenierung. Euch hat
was getriggert. All die kleinen constant reminders im Alltag, bei denen
Männer euch zeigen, dass ihr nur sexualisierte Objekte seid und die euch
denken machen, dass ihr dann wenigstens Kohle dafür nehmen könnt. Der
Gedanke, unwert zu sein, und die Erinnerung daran, dass ihr, wenn schon
keinen Respekt, aber wenigstens doch mal Geld wert ward. All die
Sehnsucht nach der Betäubung, nach dem alten Schmerz, in dem man sich zu
Hause fühlt, weil man nie was anderes als diesen SChmerz als Zuhause
empfinden durfte. Ich kenne es. So viele von uns kennen es. Eigentlich
kenne ich keine Frau aus der Prostitution, die diese Gedanken nicht hat.
IHR SEID NICHT ALLEIN!
Und bitte schämt euch nicht dafür. Diese
Gedanken, das seid nicht IHR. Das sind Gedanken, die auf eurer
Kopffestplatte installiert worden sind, aber nicht von EUCH. Es ist das
Trauma, das da spricht, all die schlimmen DInge, die euch angetan worden
sind in all ihrer Scheissigkeit. Es ist wie ein Radio, das dauernd im
Hintergrund dudelt, aber ihr habt es nicht angemacht und ihr habt den
Sender auch nicht eingestellt, also verdammich, bitte schämt euch nicht
dafür, was da für ein Programm läuft. Ihr könnt nichts dafür, und es ist
scheisse genug, dass dieses Kackradio in eurem Zimmer steht und vor
sich hin plärrt.
Ihr habt euch doch nicht selbst drauf konditioniert, euch weh zu tun.
All diese beschissene Sozialisierung, all der Missbrauch, die sexuelle Gewalt, die bescheuerte Ungleichheit.
Sich prostituieren, mit Männern mitgehen, die gewalttätig oder
respektlos sind, demütigende Sexpraktiken mitmachen, sich mit Drogen
oder Alkohol abschiessen, sich die Arme aufschneiden, hungern, kotzen,
whatever.
RESIST!
Diesen Film habt doch nicht IHR eingelegt!
Also schämt euch nicht dafür.
Ich kann ja nur sagen, was mir hilft. Mir hilft, vorher die
Entscheidung zu treffen, es nicht zu tun. Wenn ich in schwachen Momenten
anfange, mit mir selber die Pors und Cons zu diskutieren, weiss ich,
dass ich verloren habe. Es ist dasselbe wie mit dem rauchen aufzuhören.
Ich entscheide vorher: ich gebe nicht nach! Und in dem schwachen Moment
weiss ich: gerade habe ich SEhnsucht nach etwas Schädlichem, aber ich
halte die Sehnsucht aus, sie geht vorbei, und ICH GEBE NICHT NACH.
Ihr seid so tolle Frauen, ich bin so berührt davon, dass ihr mir
schreibt. Bitte schämt euch nicht. Diese Gedanken zu haben heisst nicht,
dass wir dumm sind oder labil oder es heimlich gut oder geil fanden,
was da passiert ist.
Jede Drogenabhängige, jede Alkoholikerin, jede geprügelte Ehefrau hat den Gedanken, zurückzugehen.
Das ist sowas von normal, und wenn wir uns schämen, SCHÄMEN SICH DIE FALSCHEN!
Ich bin gerade noch so berührt von euren Nachrichten und im
Kitschmodus, also hier, LIEBE, für alle, und Kraft und nur das Beste,
und ein kleiner Reminder für die, auch in unserer Bewegung, die uns
wegen unserer Ehrlichkeit sagen, wir seien labil und würden der Bewegung
schaden, wenn wir über diese Gedanken sprechen, und wir sollten nicht
mehr öffentlich reden deswegen: GO FUCK YOURSELF, CAUSE WE DON´T CARE!