Wenn Prostitution ein Job wie jeder andere ist, werden sexuelle Dienstleistungen einklagbar

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Prostitution als “Job wie jeder andere” – das bedeutet, Männer können Sex ganz legal einklagen. Vielleicht bald auch bei uns. Warum? Darum:

Heute mal ein kurzer Ausflug in das Gebiet der Rechte von uns Prostituierten, was Honorare und „Vertragserfüllung“ angeht. Kann ein Freier diese “Dienstleistung”, also den Sex, einklagen? Vorsicht, es wird schlimm – denn genau dies könnte bald auch bei uns (wieder!) der Fall sein.

Zunächst: Prostitution war in Deutschland nie illegal. Es war immer legal, sich zu prostituieren, aber es war (und ist es teilweise noch) für uns Frauen in der Prostitution hochgradig kriminalisiert. Das bedeutet: es ist legal, etwas zu tun, aber es gibt so viele Regeln für uns, dass es unmöglich war (und ist), sich an alle zu halten. Denn bis 2002 war Prostitution in Deutschland sittenwidrig.
Und das hat damals bedeutet: während prostituierte Frauen ihren Lohn selbst dann nicht einklagen konnten, wenn sie die „sexuelle Dienstleistung“ erbracht hatten, war es dem Freier jederzeit möglich, bei Bezahlung ohne erfolgten Sex diesen oder aber „Geld zurück“ einzuklagen. Das heisst: Freier hatten vor der Abschaffung der Sittenwidrigkeit mehr Rechte als Frauen in der Prostitution.

2002 wurde mit dem ProstG die Sittenwidrigkeit abgeschafft. Das war einerseits gut, weil Frauen in der Prostitution seitdem ihren Lohn einklagen können. (Es war aber auch schlecht, weil genau diese Aufhebung der Sittenwidrigkeit für Zuhälter, Menschenhändler, Bordellbetreiber bedeutet, dass sie nicht mehr wegen Förderung der Prostitution belangt werden können. Aber das ist ein anderes Thema.) Jetzt ist das Honorar also rein theoretisch einklagbar, nur macht das kaum eine.

Dafür verklagen Freier in schöner Regelmässigkeit Prostituierte, weil sie nicht zufrieden sind. Hier ein Beispiel eines Freiers, der die Frau verklagte, weil er zu früh zum Orgasmus gekommen war: klick mich.

Und hier ein Fall, bei dem der Freier sich übervorteilt fühlte und in dem ihm die „Leistungen“ der Prostituierten nicht der Bezahlung angemessen erschienen: klick mich.

Bis jetzt sind solche Anzeigen gegen Prostituierte im Sande verlaufen.

Das könnte sich aber ändern.

Im Northern Territory Australiens hat es das: dieses hat eine völlig entkriminalisierte, legalisierte Prostitutionsgesetzgebung. Im prinzip fast wie in Deutschland, nur noch krasser… Und dort wurde gerade die Sex Industry Bill 2019 durchgesetzt. Das bedeutet: Prostitution ist völlig entkriminalisiert, unterliegt keinen Sondergesetzen mehr und wird ganz radikal behandelt wie jedes andere Gewerbe auch. Also das, was Prostitutionslobbyverbände hierzulande auch durchsetzen wollen.

Das bedeutet, abgesehen davon, dass Bordelle jetzt ÜBERALL gebaut werden dürfen, rein theoretisch auch, dass Freier wie Kunden anderer Gewerbe klagen können, wenn sie mit dem Produkt / der Dienstleistung nicht zufrieden sind. Heisst: war der Sex in den Augen des Freiers schlecht, hat sich die Prostituierte nicht genug angestrengt, hat sie „Dienstleistungen verweigert“, die sie sonst anbietet (z.B. spontan auf Zimmer dann doch keine bestimmte Sexualpraktik mehr, weil ihr am Kunden was nicht passt), hat sie die Augen verdreht, gelangweilt geschaut, Ekel gezeigt, dann kann der Freier sie verklagen: Geld zurück oder nochmal Sex, und zwar gefälligst besser und zu seiner Zufriedenheit.

Was ist das anderes als Vergewaltigungskultur, die uns da angedreht wird? Erinnert das nicht an die „ehelichen Pflichten“, die jede Ehefrau bis noch vor ein paar Jahrzehnten über sich ergehen lassen musste, und zwar gesetzlich festgeschrieben (!) sogar so, dass ihre Abneigung und ihr Widerwillen dem Mann nicht gezeigt werden durften?
Komplette Legalisierung und Entkriminalisierung der Prostitution bringt NICHT mehr Freiheit für Prostituierte. Sie bringt NICHT mehr Rechte. Im Gegenteil hilft sie denen, die Prostituierte ausbeuten: Freiern. Bordellbetreibern. Zuhältern.

Wenn ihr Frauen in der Prostitution helfen wollt, dann engagiert euch für unsere Entkriminalisierung, aber nicht für die Legalisierung des Gewerbes und nicht für die Entkriminalisierung der Freier und Zuhälter und Betreiber!
Genau das findet im Nordischen Modell statt: Freierbestrafung, Verbot der Zuhälterei und des Bordellbetriebs, Ausstiegshilfen für Frauen, Aufklärung, Entkriminalisierung der prostituierten Frauen.

„Ein Job wie jeder andere“ hingegen führt dazu, dass Männer bald ihr Recht auf Sex einklagen können. Der Nordteil Australiens macht es vor. Und niemand braucht zu denken, dass DAS sich dann nur noch auf die Prostitution erstrecken wird.

Hier der Artikel zum Northern territory: klick.