Überall da, wo Prostitution als „ganz normaler Beruf“ angesehen wird, wird der sexuelle Missbrauch, der in der Prostitution geschieht, verschleiert.
Plötzlich ist es kein Sex ohne Konsens mehr, der da geschieht – sondern eine „Dienstleistung“.
Damit erfahren die Tat und die Täter ein „Re-Naming“.
Freier sind Männer, die sich durch ökonomisches Ungleichgewicht sexuellen Zugang zu Frauen erpressen, die sonst nicht mit ihnen schlafen würden. Sie sind Männer, die Sex ohne Konsens haben – Täter. Aber da, wo Prostitution nicht als Missbrauch, sondern als Beruf gilt, sind sie „Kunden“.
Und Bordellbetreiber sind „Vermieter“.
Aus Zuhältern werden „Manager“ und „Geschäftsmänner“.
Damit stehen sie nicht mehr in Verdacht, psychische, physische oder sexuelle Gewalt auszuüben.
Da, wo es keine Täter gibt, gibt es auch keine Tat und damit kein Opfer.
Frauen in der Prostitution wird damit abgesprochen, täglich Gewalt zu erleben.
Alles um sie herum wird behandelt, als wäre es normal.
Aber sie nicht.
Es wird häufig behauptet, Legalisierung helfe gegen das Stigma, unter dem Frauen und Mädchen in der Prostitution leiden: das „Hurenstigma“.
Man müsse nur behaupten, es sei eben Sexarbeit und ein Beruf wie jeder andere, dann ginge das Stigma weg.
Aber das stimmt nicht.
Das Stigma bleibt auch dann, wenn Prostitution legalisiert ist.
In keinem einzigen Land mit legalisierter Prostitutionsgesetzgebung ist es verschwunden.
„Hure“, „Schlampe“ sind immer noch weit verbreitete Schimpfwörter, und die Diskriminierung von Frauen und Mädchen in der Prostitution bleibt bestehen.
Mit der Anerkennung als Beruf wird lediglich verhindert, dass Zuhälter, Bordellbetreiber und Freier sich schämen sollen für das, was sie tun.
Das Stigma verbleibt aber weiter bei den Frauen. Sie sollen sich immer noch schämen.
Warum geht das Stigma nicht weg?
Weil es systemimmanent ist. Das Stigma ist prostitutionsimmanent. Freier brauchen es, denn es hält die Prostitution aufrecht. Ohne die Entmenschlichung und Entwertung könnten sie Frauen in der Prostitution gar nicht antun, was sie ihnen antun. Ohne Entmenschlichung und Entwertung würde Prostitution gar nicht existieren.
Legalisierung hilft nicht gegen das Stigma, das Frauen tragen, die Gewalt erleben.
Auch Frauen, die von ihren Partnern geschlagen werden, werden beschämt. Wir kämen aber nie auf die Idee, zu sagen: „Wir müssen nur so tun, als wäre die Gewalt, die sie erleben, gar keine Gewalt, und der Täter kein Täter. Dann haben die Frauen nichts mehr, wofür sie sich schämen müssen.“
Denn das wäre absurd.
Gewaltverhältnisse zu leugnen, um die Opfer zu stärken, ist nie eine gute Idee.
Prostitution ist Gewalt.
Frauen und Mädchen, die sich prostituieren (müssen), dürfen nicht beschämt werden.
Freier sind Täter.
Sie sind es, die stigmatisiert gehören: denn sie üben die Gewalt aus.
© Huschke Mau