Thüringen soll eine Beratungsstelle für Frauen in der Prostitution bekommen

    Thüringen, ein Bundesland, das keine einzige Beratungsstelle für Frauen in der Prostitution hat, soll jetzt, fast 20 Jahre nach der Komplettlegalisierung durch das Prostitutionsgesetz 2002, eine Anlaufstelle für prostituierte Frauen bekommen.

    Das ist gut. Aber auch bisschen spät, nicht wahr? Woran liegt das?

    Gesellschaften, die Prostitution legalisieren und als Gewerbe behandeln, gehen davon aus, dass Prostitution „ein Job wie jeder andere“ beziehungsweise eine „ganz normale Dienstleistung“ ist. Wer aber einen ganz normalen Job hat, der hat doch keinen gesonderten Hilfebedarf – der braucht keine Beratung, Unterstützung, Hilfe, und der braucht auch keinen Support beim Ausstieg – und auch kein Ausstiegsprogramm. Kann ja einfach den Job wechseln! Friseurinnen, Ingenieurinnen, Fabrikarbeiterinnen, Biologinnen brauchen ja schließlich auch keine Ausstiegsprogramme – die wechseln einfach den Job.

    Was die Verharmlosung von Prostitution als „normaler Beruf“ übersieht, das sind:

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    Ein paar Gedanken über Hurenhierarchien und verdammt bürgerliche Vorstellungen von Prostitution

      Gerade ist auf Welt.de ein Interview mit mir erschienen. Und im Teaser steht etwas, das mich gerade sehr zum Nachdenken gebracht hat. Da liest man: „Einst ging sie selbst auf den Strich. Nun kämpft Huschke Mau für die Abschaffung der Prostitution. Über ihre Ex-Kunden fällt sie ein hartes Urteil. Jeder Freier gehe bewusst das Risiko ein, eine Vergewaltigung zu begehen.“

      (Sidenote: Die Interviewerin kann nichts dafür, und das hat auch nichts mit der Qualität des Interviews zu tun – die Teaser bauen andere Menschen in der Redaktion.)

      Und das löst widersprüchliche Gefühle in mir aus.

      Mein erster Impuls war: „Bitte was, ich war nie auf dem Strich!“

      Und das ist so. Ich war nie auf dem Straßenstrich. Ich war in Wohnungsbordellen und im Escort, was am Ende nichts anderes heißt als „Haus- und Hotelbesuche“.

      Mein zweiter Impuls war: „Das darfst Du jetzt aber öffentlich nicht sagen.“

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      Keine Heldin, kein Vorbild. Und spricht trotzdem. Warum nur.

        Heute ist ein schlimmer Tag, schlimme Tage, schlimme Nächte. Ich bin überarbeitet, Doktorarbeit, Aktivismus, zusätzlich der übliche Kram. Mein letzter Urlaub war vor 12 Jahren oder so. Ich kann die Flut an Nachrichten, die ich bekomme, nicht mehr bewältigen, sie haben eine solche Masse, sie fließen einfach über mich. Und dann noch dieser schlimme Todestag, der mir bevorsteht und der mir so derbe in den Bauch tritt, das die Tränen überall fließen, auch auf der Straße, in der Kaufhalle, in der Bibliothek. Es läuft einfach in meinem Leben. Tränentechnisch jetzt.

        Heute Nacht habe ich wieder wachgelegen, ich hatte Angst. Angst, mir mein Leben versaut zu haben, indem ich öffentlich spreche.

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        Eine Geschichte aus München

          Es gibt Tage, an denen denke ich, mein Herz zerbricht und mein Verstand dreht durch. Ich schäme mich gerade so sehr, dass ich Tränen in den Augen habe. Es ist unerträglich für mich als Exprostituierte, dass so etwas immer noch Frauen geschieht, hier, in Deutschland.

          Eine 31-jährige Frau kommt nach Deutschland.

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          Über Überflüssigkeit und Esel in Brandenburg

            Guten Morgen. 🙂Heute Nacht hat mir eine Vertreterin der Pro-Prostitutionslobby auf Twitter geschrieben: „Du arbeitest an Deiner eigenen Überflüssigkeit mit“, und normalerweise antworte ich nicht auf so einen Schmarrn, aber als ich vorhin im Bad stand und mir nach einer wegen Schlafstörungen durchwachten Nacht ein Gesicht und vor allem ein paar Augen gemalt habe, damit es wenigstens so aussieht, als wäre ich wach, hatte ich dann doch ein paar Gedanken dazu. Und diese möchte ich gerne mit euch teilen. 🙂

            Zunächst: Ja, ich bin für das Nordische Modell, ich bin dafür, Prostitution abzuschaffen. Sex, der aus Geldknappheit und nicht aus Lust geschieht, finde ich scheiße, und Prostitution ist ein Mittel, Frauen zu unterdrücken. Und absolut will ich das abschaffen. Aber ich weiß auch: das Nordische Modell muss kritisch begleitet werden in seiner Umsetzung. Dafür müssen und werden wir Aktivistinnen auch nach seiner Einführung Sorge tragen.

            Und nun zur „Überflüssigkeit“: Ich glaube nicht, dass es „überflüssige Menschen“ gibt. Es wundert mich aber nicht, dass so eine menschenverachtende Aussage von jemandem kommt, der die menschenverachtende Institution Prostitution für gut hält. Also reden wir lieber mal von „überflüssigem Aktivismus“ und tun so, als hätten wir das mit den überflüssigen Menschen überhört.

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            „Aber wenn doch alles angemeldet ist…“

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            Wenn es um Prostitution geht, sehen viele Menschen das Problem nur darin, dass Prostitution nicht behandelt wird wie jeder andere Job auch. Viele sind der Meinung, wenn Prostituierte angemeldet seien, wenn sie Steuern zahlen, in einem behördlich genehmigten Bordell arbeiten und regelmäßig zu Gesundheitschecks gehen, sei alles kein Problem. Gefährlich würde es nur, wenn Prostitution illegal stattfindet: dann, so die öffentliche Meinung, käme es zu gewaltsamen Übergriffen, zu Zuhälterei, Geschlechtskrankheiten und Kriminalität in irgendwelchen „dunklen Ecken“.

            Aber macht Legalisierung Prostitution wirklich problemloser und sicherer?

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            Rassismus in der Prostitution: über die Fetischisierung von Ethnien durch Freier

              Prostitution, das bedeutet, dass Männer als Täter agieren. Denn Freier zu sein heißt, mit einer Frau zu schlafen, von der man nicht weiß, ob sie den Sex eigentlich überhaupt wirklich will. Und das ist ganz klar problematisches sexuelles Verhalten.

              Freier zeigen aber nicht nur den Willen dazu, Sex ohne Konsens zu haben, d.h., zu vergewaltigen. Sie agieren oft auch rassistisch. Denn Prostitution könnte nicht existieren, wenn es keinen Rassismus gäbe: die meisten Frauen, die die riesige Nachfrage nach käuflichem Sex befriedigen, kommen entweder aus prekären Schichten und / oder aus sehr armen Ländern, z.B. Bulgarien und Rumänien – z.B. im Fall von Romnjia (Roma-Frauen). Das bedeutet, sie haben rassistische Diskriminierung schon erlebt, bevor sie hergekommen sind, und oft ist Rassismus der Grund, warum sie außer der Prostitution kaum Optionen haben oder warum ihre Familien in Armut leben und sie in die Prostitution drängen.

              Prostitution lebt aber nicht nur von Rassismus, es ist auch selbst Rassismus.

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              Was ich als Exprostituierte zu Teilen der Linken zu sagen habe

                Guten Morgen. Ich habe heute Nacht nicht geschlafen. Keine einzige Minute.Ich bin gestern auf einer Veranstaltung über Prostitution von Linken als „rassistisch“ bezeichnet worden, weil ich als Exprostituierte auf den Rassismus in der Prostitution aufmerksam gemacht habe. In dieser Nacht habe ich kein Auge zugetan und deswegen genügend Zeit gehabt, das zu durchdenken, was mich als Linke an Debatten in der Linken, und da zähle ich Teile der Grünen Jugend dazu, gerade so ankotzt. Vorsicht – es wird grundlegend.Erstmal: was ist gestern geschehen? Ich bin Exprostituierte und Aktivistin für die Abschaffung der Prostitution und war auf einer Informationsveranstaltung über Prostitution als Referentin eingeladen. Dabei sind unter anderem folgende Dinge geschehen:

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                Konditionierung und Prostitution

                  „Wenn eine Prostituierte nicht 24/7 eine Waffe am Kopf hat, gehe ich davon aus, sie macht das Ganze freiwillig, da sie an ihrer Situation ja etwas ändern könnte.“ – Das ist nur einer von vielen schlimmen Kommentaren, die ich so erhalte. Deswegen möchte ich heute über Konditionierung und Prostitution sprechen.

                  Frauen in der Prostitution sind Frauen, die auch schon vor dem Anschaffen Gewalt erlebt haben. Melissa Farley, eine us-amerikanische Psychologin, hat bei Befragungen unter anschaffenden Frauen herausgefunden, dass 49% der Prostituierten in ihrer Kindheit schwer geschlagen und 57% in der Kindheit sexuell missbraucht worden sind. Die Psychologin Sibylle Zumbeck nennt ähnliche Zahlen: 83% der Frauen in der Prostitution hätten ein Kindheitstrauma, sagt sie: 70% dadurch, Zeugin familiärer Gewalt geworden zu sein (z.B. wenn der Vater die Mutter prügelte), 65% dadurch, selber Opfer schwerer und schwerster Kindesmisshandlung geworden zu sein, und 48% dadurch, sexuellen Kindesmissbrauch erlebt zu haben.

                  Was machen diese Kindheitstraumata mit einem?

                  Schwere Gewalt erlebt zu haben – auch sexuelle Gewalt – kann einen Menschen darauf konditionieren, diese Gewalt (weiterhin) auszuhalten. Vor allem, wenn die Gewalthandlungen in der Kindheit stattgefunden haben, prägen sie einen Menschen zutiefst. Die Lehren, die missbrauchte und misshandelte Mädchen ziehen, sind:

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                  Warum Frauen aus der Prostitution ihre Zuhälter und Menschenhändler nicht anzeigen. Meine Geschichte

                    Es ist kompliziert.

                    Bei mir und ich denke auch, bei vielen.

                    Bei mir war es so, dass ich angefangen habe mich zu prostituieren, weil ich von Zuhause weggelaufen war, denn ich habe die schwere Gewalt dort nicht mehr ertragen. Irgendwann meinte das Jugendamt dann, ich müsse aus der betreuten Mädchenwohngemeinschaft wieder ausziehen. Hilfe habe ich da nicht bekommen – dass eine überhaupt rein gar keinen Kontakt mehr mit ihrer Familie hatte und absolut null Unterstützung, war für das Jugendamt total neu und unverständlich. Jedenfalls habe ich schon lange vor dem Auszug geahnt, dass ich mich auf keinen verlassen kann, und dass ich alleine dastehen werde. Und da kickte mein Überlebensinstinkt rein, und ich dachte: du willst nicht auf der Strasse landen. Du bekommst keine Hilfe. Du bist ganz auf dich allein gestellt. Was also tun?

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