“Aber wenn doch alles angemeldet ist…”

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Wenn es um Prostitution geht, sehen viele Menschen das Problem nur darin, dass Prostitution nicht behandelt wird wie jeder andere Job auch. Viele sind der Meinung, wenn Prostituierte angemeldet seien, wenn sie Steuern zahlen, in einem behördlich genehmigten Bordell arbeiten und regelmäßig zu Gesundheitschecks gehen, sei alles kein Problem. Gefährlich würde es nur, wenn Prostitution illegal stattfindet: dann, so die öffentliche Meinung, käme es zu gewaltsamen Übergriffen, zu Zuhälterei, Geschlechtskrankheiten und Kriminalität in irgendwelchen „dunklen Ecken“.

Aber macht Legalisierung Prostitution wirklich problemloser und sicherer?

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Rassismus in der Prostitution: über die Fetischisierung von Ethnien durch Freier

    Prostitution, das bedeutet, dass Männer als Täter agieren. Denn Freier zu sein heißt, mit einer Frau zu schlafen, von der man nicht weiß, ob sie den Sex eigentlich überhaupt wirklich will. Und das ist ganz klar problematisches sexuelles Verhalten.

    Freier zeigen aber nicht nur den Willen dazu, Sex ohne Konsens zu haben, d.h., zu vergewaltigen. Sie agieren oft auch rassistisch. Denn Prostitution könnte nicht existieren, wenn es keinen Rassismus gäbe: die meisten Frauen, die die riesige Nachfrage nach käuflichem Sex befriedigen, kommen entweder aus prekären Schichten und / oder aus sehr armen Ländern, z.B. Bulgarien und Rumänien – z.B. im Fall von Romnjia (Roma-Frauen). Das bedeutet, sie haben rassistische Diskriminierung schon erlebt, bevor sie hergekommen sind, und oft ist Rassismus der Grund, warum sie außer der Prostitution kaum Optionen haben oder warum ihre Familien in Armut leben und sie in die Prostitution drängen.

    Prostitution lebt aber nicht nur von Rassismus, es ist auch selbst Rassismus.

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    Was ich als Exprostituierte zu Teilen der Linken zu sagen habe

      Guten Morgen. Ich habe heute Nacht nicht geschlafen. Keine einzige Minute.Ich bin gestern auf einer Veranstaltung über Prostitution von Linken als „rassistisch“ bezeichnet worden, weil ich als Exprostituierte auf den Rassismus in der Prostitution aufmerksam gemacht habe. In dieser Nacht habe ich kein Auge zugetan und deswegen genügend Zeit gehabt, das zu durchdenken, was mich als Linke an Debatten in der Linken, und da zähle ich Teile der Grünen Jugend dazu, gerade so ankotzt. Vorsicht – es wird grundlegend.Erstmal: was ist gestern geschehen? Ich bin Exprostituierte und Aktivistin für die Abschaffung der Prostitution und war auf einer Informationsveranstaltung über Prostitution als Referentin eingeladen. Dabei sind unter anderem folgende Dinge geschehen:

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      Konditionierung und Prostitution

        „Wenn eine Prostituierte nicht 24/7 eine Waffe am Kopf hat, gehe ich davon aus, sie macht das Ganze freiwillig, da sie an ihrer Situation ja etwas ändern könnte.“ – Das ist nur einer von vielen schlimmen Kommentaren, die ich so erhalte. Deswegen möchte ich heute über Konditionierung und Prostitution sprechen.

        Frauen in der Prostitution sind Frauen, die auch schon vor dem Anschaffen Gewalt erlebt haben. Melissa Farley, eine us-amerikanische Psychologin, hat bei Befragungen unter anschaffenden Frauen herausgefunden, dass 49% der Prostituierten in ihrer Kindheit schwer geschlagen und 57% in der Kindheit sexuell missbraucht worden sind. Die Psychologin Sibylle Zumbeck nennt ähnliche Zahlen: 83% der Frauen in der Prostitution hätten ein Kindheitstrauma, sagt sie: 70% dadurch, Zeugin familiärer Gewalt geworden zu sein (z.B. wenn der Vater die Mutter prügelte), 65% dadurch, selber Opfer schwerer und schwerster Kindesmisshandlung geworden zu sein, und 48% dadurch, sexuellen Kindesmissbrauch erlebt zu haben.

        Was machen diese Kindheitstraumata mit einem?

        Schwere Gewalt erlebt zu haben – auch sexuelle Gewalt – kann einen Menschen darauf konditionieren, diese Gewalt (weiterhin) auszuhalten. Vor allem, wenn die Gewalthandlungen in der Kindheit stattgefunden haben, prägen sie einen Menschen zutiefst. Die Lehren, die missbrauchte und misshandelte Mädchen ziehen, sind:

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        Warum Frauen aus der Prostitution ihre Zuhälter und Menschenhändler nicht anzeigen. Meine Geschichte

          Es ist kompliziert.

          Bei mir und ich denke auch, bei vielen.

          Bei mir war es so, dass ich angefangen habe mich zu prostituieren, weil ich von Zuhause weggelaufen war, denn ich habe die schwere Gewalt dort nicht mehr ertragen. Irgendwann meinte das Jugendamt dann, ich müsse aus der betreuten Mädchenwohngemeinschaft wieder ausziehen. Hilfe habe ich da nicht bekommen – dass eine überhaupt rein gar keinen Kontakt mehr mit ihrer Familie hatte und absolut null Unterstützung, war für das Jugendamt total neu und unverständlich. Jedenfalls habe ich schon lange vor dem Auszug geahnt, dass ich mich auf keinen verlassen kann, und dass ich alleine dastehen werde. Und da kickte mein Überlebensinstinkt rein, und ich dachte: du willst nicht auf der Strasse landen. Du bekommst keine Hilfe. Du bist ganz auf dich allein gestellt. Was also tun?

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          Ist Domina zu sein etwas anderes als Prostitution?

            Achtung, deutlicher Inhalt / graphic content.

            Oft ist die Rede davon, dass „Domina“ zu sein ja etwas völlig anderes wäre als Prostitution. Dominas, heisst es dann, wären in einer privilegierten Situation, denn sie müssten keinen Geschlechtsverkehr ausüben, und sie hätten ja die Macht über den Kunden. Es sei etwas völlig anderes, einen Freier mit der Peitsche zu bearbeiten, als im Laufhaus bis zu 10 Freier am Tag sexuell zu befriedigen. Auch sei Domina zu sein psychisch nicht so belastend.

            Das entspricht nicht meiner Erfahrung. Domina zu sein, ist manchmal sogar noch anstrengender als die 08/15-Nummer hinzulegen. Warum?

            Zunächst mal: ja, es gibt Dominas, die „unberührbar“ sind, die der Freier („Sklave“) nicht anfassen darf. Die meisten Dominas sind aber „berührbar“.

            Ich möchte kurz über zwei Aspekte sprechen:

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            Warum ich nicht verzeihe

              Manchmal, wenn ich über meine Geschichte spreche, über all die sexuelle Gewalt, die ich in meiner Kindheit und auch in der Prostitution erlebt habe, kommen Menschen auf mich zu und meinen, mir gute Ratschläge geben zu müssen. Aber Ratschläge sind manchmal auch Schläge. Vor allem, wenn der Ratschlag lautet: „Du musst den Tätern verzeihen, dann wird es Dir besser gehen.“

              Ich könnte kotzen, wenn ich das höre.

              Denn ich verzeihe nicht. Ich bin nicht Buddha. Man komme mir nicht mit solchem Unsinn. Ich hatte mal eine Psychologin, die war so dermaßen auf dem Esoteriktrip, dass sie mir sagte: „Eigentlich können Sie Ihrem Stiefvater und all ihren Freiern und Zuhältern dankbar sein, dass die Ihnen das angetan haben. Nur dadurch sind Sie der tolle Mensch geworden, der Sie jetzt sind.“

              Warum kann ich so einen Mist nicht mehr hören?

              Weil das die Aussagen einer Gesellschaft sind, die von Opfern nichts hören will. Von einer Gesellschaft, die nichts ändern will. Manchmal, wenn ich sage „Wie könnte ich verzeihen und Frieden haben, wenn es doch weiterhin in dieser Gesellschaft geschieht, dass Kinder missbraucht, Frauen vergewaltigt und gekauft werden?“ bekomme ich zu hören: „Ja, es geschieht noch, aber doch nicht DIR. Du kannst also beruhigt sein.“

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              Was ist Abolitionismus?

                Momentan nimmt der Abolitionismus in Deutschland Fahrt auf. Immer mehr Menschen fordern in Sachen Prostitutionsgesetzgebung das Nordische Modell.

                Das freut mich als Exprostituierte und Aktivistin für Frauenrechte wie Bolle.

                Aber immer, wenn gerade eine Welle kommt, die die abolitionistische Bewegung größer macht, spült sie auch Menschen zu uns, die nicht verstehen, was Abolitionismus ist, sondern die einfach nur „gegen Prostitution“ sind.

                Es ist wichtig, dass deutlich ist: Abolitionismus bedeutet, gegen Prostitution vorzugehen, aber niemals gegen Prostituierte.

                Gerade in den letzten Tagen bekomme ich wieder massiv widerliche Kommentare. Ich stelle deswegen hier nochmal klar:

                Abolitionismus bedeutet nicht:

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                Prostitution & Rassismus

                  Prostitution würde nicht existieren ohne Rassismus, denn es sind oftmals rassistisch diskriminierte Frauen, die in der Prostitution sind, weil ihnen wegen Diskriminierung keine anderen Optionen offenstehen. Das ist zum Beispiel häufig bei Romnja aus Rumänien so. Sie finden dort keinen Job, weil sie als “Zigeuner” benachteiligt werden. Also leben sie in Milieus extremer Armut und manchmal auch Gewalt. Sie sind “leichte Beute” für Menschenhändler, die sie nach Deutschland in die Prostitution verbringen. Manchmal sind sie auch verzweifelt genug, um mit den Menschenhändlern zusammenzuarbeiten und sich hierher verbringen zu lassen. Das nutzen deutsche Freier aus.

                  Prostitution ist rassistisch. Denn Frauen werden dort ganz in Nazimanier nach ihren “rassischen Eigenarten” vermarktet und verkauft. Und auch gekauft, denn die Freier erwarten rassistische Stereotype. Südamerikanerinnen haben dicke Hintern und lieben es anal. Asiatinnen sind klein, zart und devot. Osteuropäerinnen sind schön und lassen sich brav ficken und bedienen den Mann. Schwarze Frauen sind ungezügelte, wilde, unersättliche Nymphomaninnen. Das ist, was Freier kaufen wollen. Stereotype, die sie ficken können. Die Menschen, die Frauen dahinter, sind ihnen egal.

                  Und Prostitution führt zu Rassismus. Wer sein Leben lang als Freier im Bordell “kleine, zarte, devote Thaifrauen” gedemütigt und missbraucht hat, der wird im Job die Kollegin aus Thailand nicht mehr auf Augenhöhe wahrnehmen. Der wird in der U-Bahn die schwarze Frau mit demselben objektifizierenden, abwertenden Blick anschauen wie er sie im Bordell ansieht. Der wird Osteuropäerinnen alle für unemanzipierte Männerdienerinnen halten.

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