Mann-Männliche Prostitution in Berlin während Corona

    Ich als Frau mit Prostitutionserfahrung rege mich oft auf, wenn die @taz mal wieder Artikel über „Sexarbeit“ schreibt. Diesmal bin ich zwiegespalten.

    Die Taz hat mit einem Sozialpädagogen gesprochen, der bei einem Projekt für Jungs und Männer in der Prostitution arbeitet. Die meisten kommen aus Südosteuropa (Bulgarien, Rumänien,…) oder auch aus dem Iran, aus Syrien und Afghanistan.

    Gut finde ich, wie ehrlich er die Zustände schildert, in denen diese Jungs und Männer in Berlin anschaffen gehen. Viele von ihnen sind übrigens gar nicht schwul. Sie machen das, weil sie Geld verdienen müssen. Manche sind obdachlos, einige nehmen Drogen. Er bezeichnet das als “im Elend leben” – und ich finde, das kommt dem ganzen schon ziemlich nah. Auch in der männlichen Prostitution (die auch Männer bedient) ist es wegen Corona so, dass die, denen es am schlechtesten geht, es sich gar nicht leisten können, aufzuhören.

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    Go get the Glitzerstecker

      Ich hab ganz schön überlegt, ob ich das hier posten soll. Aber dann wiederum denke ich mir, ich bin doch sicher nicht die einzige Frau, der es so geht. Und vielleicht hilft es Dir – wenn Du eine von denen bist, die auch denken, dass sie es nicht verdienen, dass es ihnen mal gut geht, oder dass sie überhaupt eh nicht verdienen, überhaupt zu existieren.

      Mir geht es auch so. Ich hab von frühester Kindheit eingeprügelt bekommen, dass ich nicht da sein sollte. Eine Belastung bin. Und dass ich mich für mein Dasein entschuldigen muss und wiedergutmachen muss, dass ich existiere. Wie? Nun, indem ich erstens für andere von Nutzen bin (oder mich be-nutzen lasse) und zweitens, indem ich arbeite. Leistung, Leistung, Leistung! Dann bin ich wenigstens zu irgendetwas gut.

      In meiner Kindheit war ich dazu gut, der Blitzableiter für schwere Gewalt zu sein. In der Prostitution war ich dazu gut, zu ficken. Das ist so tief drin in mir, dass ich noch heute misstrauisch bin, wenn Leute mich kennenlernen wollen. Sofort ist da der Gedanke: was wollen die von mir? Die wollen doch irgendwas von mir. Ich soll irgendwas für sie tun. Ihnen nützlich sein. Auf keinen Fall sind sie einfach nur so nett zu mir. Das gibt es nicht – da ist Berechnung, da sind Hintergedanken.

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      Interview mit der schwedischen Prostitutionsaussteigerin Merly Asbogard

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      Das Nordische Modell ist gefährlich!

      Migrantische Frauen, die in Schweden in der Prostitution aufgegriffen werden, werden abgeschoben!

      Prostituierte verlieren ihre Wohnungen!

      Ihre Kinder werden ihnen weggenommen!

      Die Freiergewalt gegen Prostituierte hat zugenommen! Prostitution ist nicht weniger geworden, sie ist nur in den „Untergrund“ gerutscht!

       Das hören wir immer wieder in der aktuellen Debatte darüber, ob wir die massiven Menschenrechtsverletzungen, die durch die Legalisierung der Prostitution in Deutschland täglich geschehen, reduzieren können, indem wir das Nordische Modell einführen.

      Deswegen habe ich heute ein ganz besonderes Schmankerl für euch – nämlich ein Interview mit der grossartigen schwedischen Aktivistin Merly Asbogard, die 16 Jahre in Schweden in der Prostitution war. Wir haben uns, von Prostitutionsaussteigerin zu Prostitutionsaussteigerin, über das Nordische Modell unterhalten – dieses besteht aus einer Freierbestrafung, der Entkriminalisierung von Frauen in der Prostitution, garantierten Ausstiegshilfen, gesellschaftlicher Aufklärung über Prostitution und der Annahme, dass Prostitution Gewalt gegen Frauen ist.

      Wie sind also die Realitäten in der Prostitution unter dem Nordischen Modell, welche Auswirkungen hat es, und was können wir besser machen?

      Viel Spass beim Lesen.

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      Etwas, über das man nicht spricht: Suizidgedanken.

        Ich habe es schon zu Beginn des Shitstorms gefühlt. Und es überrascht mich auch nicht.

        Als die Antilopengang rappte: „Wenn eine Influencerin sich umbringt, ist Oli Pocher schuld, und seine ganzen Kumpels“, da hab ich noch gedacht: „Absolut,an deren psychische Lage denkt nämlich keiner dieser shitstormenden, mit Hasspostings mobbenden Fans“.

        Ich hab nicht gedacht: „Du. Da geht es auch um Dich.“

        Das war mir ganz fern. Warum? Dieses Angehasstwerden hat bei mir keine Suizidgedanken entstehen lassen. Es hat sie aber wieder hervorgekramt.

        Die ersten beiden Tage und konnte ich weder schlafen und essen. Statt Blut flossen Stresshormone durch meine Adern. Nachts konnte ich nicht schlafen, bei mir lagen die Gedanken „es wäre besser, du wärst nicht mehr da“ und „ich schaffe das nicht, ich bin zu müde, ich kann nicht mehr“.

        Suizidgedanken.

        Hallo. Da sind wir wieder.

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        Corona und Prostitution

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        Ihr Lieben,

        als Exprostituierte möchte ich heute dringend etwas sagen. Weil andere Frauen in der Prostitution es gerade nicht können. Die haben nämlich gerade mit was anderem zu tun… Mit Überleben.

        Corona hat unser Sozialleben aktuell fest im Griff, und ich begrüsse alle Massnahmen der Regierung und der Länder, die getroffen worden sind (wenn auch sehr spät), und hoffe, ihr seid alle schön vernünftig und isoliert euch, soweit es geht, um Ältere, Menschen mit Immunschwäche, Krebs, anderen Vorerkrankungen usw. nicht zu gefährden. Es gilt jetzt, solidarisch zu sein, solidarisch vor allem mit vulnerablen Gruppen. Und genau darüber möchte ich jetzt sprechen. Denn Frauen in der Prostitution, und zu diesen gehöre ja auch ich, sind auch eine vulnerable Gruppe, und die Frage ist, welche Massnahmen jetzt im Hinblick auf diese Gruppe als solidarisch gelten können. Die Stadt Stuttgart hat Prostitution gerade wegen des Coronavirus VERBOTEN, und bevor ihr jubelt: das ist eine Katastrophe.


        Ich erkläre, warum:


        Die Prostitutionslandschaft in Stuttgart besteht, wie fast überall, zu 80 bis 90% Zwangs- und Armutsprostituierten aus Südosteuropa. Diese Frauen haben oft


        – Keine Krankenversicherung, oder nur eine unzureichende
        – Selbstredend keinen Angestelltenstatus mit Recht auf Lohnfortzahlung
        – Oft nicht mal Anspruch auf HartzIV


        Diese Frauen, und auch die überwiegende Mehrheit der deutschen Frauen in der Prostitution, schaffen aus Zwang und Armut heraus an. Wenn sie heute nicht anschaffen, haben sie morgen kein Geld, nichts zu essen – und nichts zu wohnen.


        Was jetzt in Stuttgart passieren wird, ist, dass sich diese Frauen entweder nicht leisten können, nicht mehr anzuschaffen, oder dass sie es eh ihrer Zuhälter wegen nicht dürfen. Sie werden also heimlich anschaffen, DENN SIE HABEN KEINE ANDERE WAHL. Und das ist der entscheidende Knackpunkt. Sie werden es weiter tun müssen, und sie werden, falls sie dabei erwischt werden, bestraft. Die Bussgelder, die sie einkassieren werden, werden sie mit weiterer Prostitution abstottern müssen, DA SIE KEINE ANDERE MÖGLICHKEIT HABEN. Nur mal so nebenbei: die Zimmermieten für ihre Bordellzimmer laufen wahrscheinlich ebenso einfach weiter. Das bedeutet: zusammen mit den Bussgeldern und den Zimmermieten werden diese Frauen am Ende der Coronakrise noch heftiger verschuldet dastehen als jetzt, und das bedeutet, sie können NOCH WENIGER AUSSTEIGEN ALS JETZT SCHON. Und: sie werden sich in dieser Zeit des gezwungenermaßen heimlichen Anschaffens einem erhöhten gesundheitlichen Risiko aussetzen. Denn die Kohle muss ran. Für Essen, Wohnen, Zuhälter und die Kinder in Rumänien. Und das bedeutet: da eh sehr viel weniger Freier kommen, haben die mehr Macht und können Sex ohne Gummi eher einfordern.
        Sieht so Schutz aus? DEFINITIV NICHT.
        Bitte freut euch also nicht, wenn ihr diese Nachricht lest. Denn für die betroffenen Frauen ist sie schrecklich.


        Was würde stattdessen helfen?

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        Ist Prostitution in kleinen Wohnungsbordellen sicherer als in Megapuffs?

          Auch ich habe mich anfangs in Wohnungsbordellen prostituiert, und in der NZZ wird gerade beschrieben, dass sich in Zürich ein Streit um diese kleinen Wohnungsbordelle entzündet hat. Wohnungsbordelle sind ganz normale Wohnungen in Mietshäusern, nur, dass dort eben 2 oder mehr Frauen sich prostituieren. Es könnte die Wohnung neben euch sein.
          Die Frauenberatungsstelle FIZ in Zürich plädiert dafür, diese Wohnungsbordelle in Wohngegenden zuzulassen. Der Gemeinderat äusserte, „Prostituierte seien in sexgewerblichen Kleinstsalons besser vor Zwangsprostitution und Ausbeutung geschützt und könnten so in der Regel wirtschaftlich unabhängig und selbstverantwortlich arbeiten.“.

          Ist das so?

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          Was ist der Unterschied zwischen einem Prostitutionsverbot und einem Sexkaufverbot?

            In China sind sowohl Sexkauf ( = Freiertum) als auch Prostitutionsausübung illegal. Wie die ZEIT berichtet, hat das chinesische Parlament beschlossen, dass Freier und Prostituierte nun nicht mehr willkürlich festgenommen und festgehalten werden können. Von ersten Entlassungen aus Arbeitserziehungslagern wird berichtet. Allerdings bleibt beides, Ausübung und Nutzung der Prostitution, illegal, Gefängnis- und Geldstrafen bleiben weiterhin bestehen.
            Das ist ein schrecklicher Zustand, weil zwei Menschen, die unterschiedliches tun, gleich bestraft werden. Die eine Person versucht, alles, was sie hat, irgendwie zu Geld zu machen, um ihr Überleben zu sichern. Die andere Person nutzt ökonomische Machtmittel, um sich sexuellen Zugang zu verschaffen, der ihr sonst verwehrt bliebe.
            Das auf eine Stufe zu stellen ist unsäglich.
            Denn natürlich hat eine jede Person das Recht, mit ihrem Körper zu machen, was sie will und ihn notfalls dazu einzusetzen, ihr Überleben zu sichern. Das zu bestrafen, ist irre.
            Hingegen Freier zu bestrafen, die ja mit dem Körper ANDERER unter Ausübung von Druck und Macht machen, was sie wollen, erscheint richtig.
            Prostitutionsverbote sind furchtbar und führen zu gar nichts ausser dazu, dass prostituierte Frauen (Mädchen, Jungs) der Gewalt der Polizei ausgeliefert sind.
            Das ist der Unterschied zwischen einem Prostitutionsverbot und dem Nordischen Modell, dass nur den Sexkauf sanktioniert.
            In China werden Freier UND Prostituierte festgenommen und bestraft.
            In Schweden werden NUR die Freier zur Verantwortung gezogen, während man dort übereingekommen ist, dass bei der Prostitutionsausübung keine strafbare Handlung vorliegt. Statt Erziehungslagern für Prostituierte gibt es dort Ausstiegsangebote und Hilfe.
            Merke: Prostitutionsverbot doof, Sexkaufverbot prima.

            Link zum Artikel: klick mich.

            Wenn Prostitution ein Job wie jeder andere ist, werden sexuelle Dienstleistungen einklagbar

              Prostitution als “Job wie jeder andere” – das bedeutet, Männer können Sex ganz legal einklagen. Vielleicht bald auch bei uns. Warum? Darum:

              Heute mal ein kurzer Ausflug in das Gebiet der Rechte von uns Prostituierten, was Honorare und „Vertragserfüllung“ angeht. Kann ein Freier diese “Dienstleistung”, also den Sex, einklagen? Vorsicht, es wird schlimm – denn genau dies könnte bald auch bei uns (wieder!) der Fall sein.

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              Wie die Medien so über Prostitution schreiben

                Es gibt so Artikel, die kann man als Exprostituierte echt nicht lesen, ohne sich verletzt zu fühlen über den tiefsitzenden Hurenhass dieser Gesellschaft.
                Die österreichische KronenZeitung berichtet in extrem prostituiertenfeindlicher Weise über nicht minder prostituiertenfeindliche Polizeiaktionen in Innsbruck. Der Artikel strotzt nur so vor widerlich-süffisanter Altherrenwitzfrauenverachtung – hier greift das Prostituiertenstigma mal wieder enorm.

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