Was ist Abolitionismus?

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Momentan nimmt der Abolitionismus in Deutschland Fahrt auf. Immer mehr Menschen fordern in Sachen Prostitutionsgesetzgebung das Nordische Modell.

Das freut mich als Exprostituierte und Aktivistin für Frauenrechte wie Bolle.

Aber immer, wenn gerade eine Welle kommt, die die abolitionistische Bewegung größer macht, spült sie auch Menschen zu uns, die nicht verstehen, was Abolitionismus ist, sondern die einfach nur „gegen Prostitution“ sind.

Es ist wichtig, dass deutlich ist: Abolitionismus bedeutet, gegen Prostitution vorzugehen, aber niemals gegen Prostituierte.

Gerade in den letzten Tagen bekomme ich wieder massiv widerliche Kommentare. Ich stelle deswegen hier nochmal klar:

Abolitionismus bedeutet nicht:

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Prostitution & Rassismus

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Prostitution würde nicht existieren ohne Rassismus, denn es sind oftmals rassistisch diskriminierte Frauen, die in der Prostitution sind, weil ihnen wegen Diskriminierung keine anderen Optionen offenstehen. Das ist zum Beispiel häufig bei Romnja aus Rumänien so. Sie finden dort keinen Job, weil sie als “Zigeuner” benachteiligt werden. Also leben sie in Milieus extremer Armut und manchmal auch Gewalt. Sie sind “leichte Beute” für Menschenhändler, die sie nach Deutschland in die Prostitution verbringen. Manchmal sind sie auch verzweifelt genug, um mit den Menschenhändlern zusammenzuarbeiten und sich hierher verbringen zu lassen. Das nutzen deutsche Freier aus.

Prostitution ist rassistisch. Denn Frauen werden dort ganz in Nazimanier nach ihren “rassischen Eigenarten” vermarktet und verkauft. Und auch gekauft, denn die Freier erwarten rassistische Stereotype. Südamerikanerinnen haben dicke Hintern und lieben es anal. Asiatinnen sind klein, zart und devot. Osteuropäerinnen sind schön und lassen sich brav ficken und bedienen den Mann. Schwarze Frauen sind ungezügelte, wilde, unersättliche Nymphomaninnen. Das ist, was Freier kaufen wollen. Stereotype, die sie ficken können. Die Menschen, die Frauen dahinter, sind ihnen egal.

Und Prostitution führt zu Rassismus. Wer sein Leben lang als Freier im Bordell “kleine, zarte, devote Thaifrauen” gedemütigt und missbraucht hat, der wird im Job die Kollegin aus Thailand nicht mehr auf Augenhöhe wahrnehmen. Der wird in der U-Bahn die schwarze Frau mit demselben objektifizierenden, abwertenden Blick anschauen wie er sie im Bordell ansieht. Der wird Osteuropäerinnen alle für unemanzipierte Männerdienerinnen halten.

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Die richtigen Fragen, oder: Plädoyer für einen Perspektivwechsel

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Als Exprostituierte und Aktivistin für Frauen- und Mädchenrechte kriege ich ziemlich viele blöde Nachrichten.
In vielen geht es darum, mich zu beschimpfen.
Es werden vor allem Fragen gestellt, die eigentlich Vorwürfe sind.

“Ja, aber warum warst Du denn anschaffen? Niemand muss in Deutschland anschaffen.” “Du hättest doch auch putzen gehen können?!” “Du bist halt nur eine faule Nutte, die lieber die Beine breit macht als arbeiten zu gehen, ist es nicht so?” “Du bist einfach zu labil für diese Arbeit, andere Frauen lieben es, sich zu prostituieren, warum willst Du das verbieten?”

Ich frage mich oft, warum Menschen mir solchen Nachrichten schicken.

Warum es ihnen so wichtig ist, mir unbedingt zu sagen, wie dreckig, verkommen, faul, labil, bescheuert und unzurechnungsfähig ich bin.

Und ich komme zu dem Schluss, dass dies Menschen sind, die ihr Weltbild in Frage gestellt sehen, wenn eine kommt und sagt: “es gibt sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen.”
Allein auf die Feststellung dieser Tatsache reagieren sie aggressiv.

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Hallo Du, ja DU, Du mit den Suizidgedanken.

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Heute ist Tag der Suizidprävention, und dieser Text hier, der ist für Dich.

Du und ich, wir haben was gemeinsam: wir haben manchmal Suizidgedanken. Ich weiß nicht, wie es bei Dir ist, aber bei mir waren sie früher schlimmer.

Schon als Kind hatte ich sie. Damals hatte ich noch gar keinen Namen dafür. Aber in mich war reingeprügelt worden, dass ich ganz, ganz schlecht bin und schuldig. Und mein Stiefvater hat mehrfach versucht, mich umzubringen. Totfahren oder ertränken oder auch aus dem Fenster eines Hochhauses halten. Irgendwann dachte ich dann, es wäre besser, ich wäre gar nicht da. Und wollte mich wegmachen. Konkret habe ich nichts unternommen. Aber es waren so Sachen wie: über die Strasse laufen, ohne zu schauen (vielleicht kommt ja ein LKW?). Auf dem Geländer der Talsperre balancieren (vielleicht falle ich ja den Staudamm runter?).

Als Jugendliche habe ich dann mit Tabletten und Rasierklingen mehrere Suizidversuche unternommen, weil ich die Gewalt in meinen Elternhaus nicht mehr ausgehalten habe.

Kennst Du das? Wusstest Du, das Suizid bei Jugendlichen die zweithäufigste Todesursache ist?

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Schuld & Scham

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Ich habe ein Problem

… und zwar habe ich gerade eine mächtigliche Schämattacke. Oh weia.

Manchmal werde ich gefragt, wie ich so offen mit meiner Geschichte um Gewalt in der Kindheit und um Prostitution umgehen kann, aber eigentlich kann ich das gar nicht. Ich zwinge mich halt einfach dazu. Ich zwinge mich dazu, das zu sagen, wie es war, weil ich finde, dass es etwas ändert und bewirkt.

Aber schämen tu ich mich trotzdem wie Bolle. Ganz, ganz unsäglich. Ich rede hier nicht von “oh, ich schäme mich, weil ich den ganzen Tag mit einem Fleck auf dem Pulli rumgerannt bin und nichts gemerkt hab”-Scham. Sondern von “oh Gott, wie konnte ich nur, wie war ich bloß, es ist so schlimm, ich will nichts mehr mit mir zu tun haben, ich muss weg, sterben gehen”.

Nur leider kann man sich halt von sich selbst nicht scheiden lassen.

Manchmal, da stellen JournalistInnen mir Fragen und ich beantworte die ganz easy und die Scham kommt erst danach, wenn ich allein bin. Manchmal halte ich das aus. Heute ist nicht so ein Tag.

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Eigen- und Fremdwahrnehmung bei Mädchen und Frauen mit sexuellem Trauma

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(Oder: Wenn Du auch immer denkst, Menschen, die Dich toll finden, irren sich und begehen einen fatalen Fehler, dann ist das hier für Dich.)

Am Wochenende kam auf den Social Media Kanälen einer ZDF-Sendung ein 5-minütiges Videostatement von mir zu meiner Zeit in der Prostitution. In der Kommentarspalte wurde so gut moderiert, wie ich es noch nie gesehen habe. Zwar wurden gegenteilige Meinungen natürlich stehengelassen, aber sämtliche Beleidigungen und persönlichen Angriffe gegen mich wurden gelöscht. Ausserdem gab es ein megalanges Interview mit mir in der Noizz, das sehr sehr persönlich war, und ich habe fast nur positive Rückmeldungen bekommen.

Das hat mich in eine tiefe Identitätskrise gestürzt – ich saß heute früh heulend bei meiner Traumatherapeutin (eine Frau, die ich außerordentlich liebe) und habe sie gefragt, ob es sein kann, dass ich eine Psychose und mir meine ganze Geschichte nur ausgedacht habe und ob es sein kann, dass ich Leute anlüge. Klingt irre? Lass mich kurz erklären. Wenn Du ein sexuelles Trauma, egal ob durch sexuellen Missbrauch in der Kindheit, Vergewaltigung später oder Prostitution erlebt hast, wirst Du das kennen.

Ich bin Aktivistin für Frauen- und Mädchenrechte und für die Abschaffung der Prostitution. Ich werde täglich angegriffen (und auch bedroht). Und plötzlich waren da am Wochenende nur noch Antworten auf meinen Beitrag in der Kommentarspalte, die positiv waren. „Du bist so mutig“, „du bist so klug“, „du hast das so gut erklärt“, „was für eine schlimme Geschichte, ich wünsche dir alles Gute“, „du bist ein echtes Vorbild“.

AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAaH!!!!

Bitte aufhören.

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Bußgelder für Frauen in der Prostitution

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Heute möchte ich euch darauf aufmerksam machen, dass der deutsche Staat auch während Corona Frauen in der Prostitution ausbeutet und sich selbst damit zu ihrem Zuhälter macht.

Allein in Hamburg mussten Frauen, die sich aus der Not heraus trotz des aktuellen Prostitutionsverbots zum Sex gegen Geld angeboten haben, insgesamt über 56.000 Euro Strafe zahlen. In Worten: Sechsundfünfzigtausend Euro!

Sie werden das Geld zusammenkriegen, indem sie weiter anschaffen. Anschaffen für den deutschen Staat!

Aber von Anfang an.

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Ein Sprung ins kalte Wasser

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Heute bin ich mal wieder ins kalte Wasser gesprungen.

Als ich aus der Prostitution ausgestiegen bin, war das schlimmste für mich, nicht darüber sprechen zu können, was ich dort erlebt habe.
Die Gesellschaft hat mir rückgemeldet, dass es an mir liegen muss, wenn ich psychische Verletzungen aus der “Sexarbeit” in mir trage. Schlug ich die Zeitung auf, sprangen mir Anzeigen für Prostitutionskontakte entgegen. Oder Artikel über das “spannende, tolle Rotlicht”. Ging ich aus der Tür, sah ich riesengrosse Plakate für die Bordelle unserer Stadt. Lief ich auf der Straße entlang, fuhren an mir Taxis mit Puffwerbung vorbei. Und sprach ich über meine Prostitution, wurde ich beschämt.

Als ich angefangen habe, als Aktivistin tätig zu werden und über meine Zeit in der Prostitution zu sprechen, war das ein Sprung ins kalte Wasser. Mein erster Text ging sofort viral und ich stand völlig unter Schock. Und seitdem habe ich Angst.
Ich habe Angst vor den Drohungen und Gewaltankündigungen und Vergewaltigungsdrohungen, die ich bekomme. Angst vor einem Outing. Angst vor dem Stigma. Spreche ich auf Konferenzen, habe ich die ganze Nacht danach schreckliche Panikattacken.

Aber.

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Prostitution: Schweden verschärft das Nordische Modell

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Ich war lange in Deutschland in der Prostitution. Und es war schlimm. Zu sehen, wie Freier sich benehmen, wie hemmungslos sie uns prostituierte Frauen missbrauchen und vor allem, dass sie damit durchkommen, hat mich schwer traumatisiert. Die deutsche Prostitutionsgesetzgebung ist frauenfeindlich ohne Ende. Sie schützt die Täter. Denn Freier SIND Täter.

Schweden hat eine ganz andere Prostitutionspolitik als Deutschland. Dort ist es verboten, sich eine Frau zu kaufen. Frauen in der Prostitution hingegen machen sich nicht strafbar. Sie bekommen Ausstiegshilfen, wenn sie das wollen.
Schweden definiert Prostitution als Gewalt gegen Frauen. Bisher gab es auf den Kauf von Sex hohe Geldbußen. Damit ist jetzt Schluss. Das sogenannte „Nordische Modell“ wird verschärft.
Angedacht sind: Haft- statt Geldstrafen beim Verstoß gegen das Sexkaufverbot und die Verfolgung von schwedischen Männern, die sich im Ausland Sex kaufen. Beides ist noch nicht durch.
Bereits beschlossen ist aber die Ahndung des Sexkaufs mit Hilfe eines neuen zusätzlichen Straftatbestandes: dem der „fahrlässigen Vergewaltigung“.

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