“Wenn wir das Nordische Modell einführen, wandert Prostitution in den Untergrund” – eine kleine Aufklärung

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Bundesjustizministerin Christine Lambrecht warnt vor „Prostitution in dunklen Ecken“ und meint, die Einführung des Nordischen Modells sei keine Lösung, denn es gäbe nachher immer noch Prostitution – und mir als Frau aus der Prostitution geht bei solchen Aussagen so derbe die Hutschnur hoch.

Eine kleine Aufklärung über “den Untergrund” tut Not.

Das erste ist: Das Nordische Modell beendet nicht die Existenz von Prostitution. Soweit ist das richtig. Es dezimiert sie aber, und zwar enorm. In Schweden geht die Prozentzahl der Freier, gemessen an der Gesamtbevölkerung, jedes jahr um 0,5 % runter und ist mittlerweile bei phänomenalen 7%. Davon können wir hier in Deutschland nur träumen – je nach Statistik ist es hier jeder 3. Mann, der geht, 90%, die schonmal im Bordell waren (was nicht heisst, dass sie es immer noch tun, auch einmalige Ausflüge ins Milieu gelten) oder 3 von 4 Männern, die schonmal Prostitution genutzt haben. Könnten wir das auf 7% Freier runterschrauben, wäre das schonmal ein massiver Fortschritt! Davon mal abgesehen: Die Einführung der Strafbarkeit von Mord hat auch nicht dafür gesorgt, dass es keine Morde mehr gibt. Uns allen ist aber ja wohl klar, dass es noch mehr Morde geben würde, wenn Mord nicht strafbar wäre, oder?

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Freier und Zwangsprostitution

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Habt ihr schonmal einen Freier gefragt, wie er zu Zwangsprostitution steht?

Während meiner Zeit in der Prostitution war es immer so, dass Männer mir ungefragt unterstellt haben, ich würde das freiwillig und aus Spass machen („Hobby zum Beruf gemacht“). Oder aber sie waren sich sicher, dass ich einen Zuhälter habe, und haben versucht, mich damit zu erpressen (zum Beispiel, indem sie vorgegeben haben, sie hätten mit meinem “Chef” telefoniert und ausgemacht, dass ich es ohne Gummi tue, und wenn ich das jetzt nicht täte, gäben sie ihm Bescheid und ich würde Ärger bekommen – blöd nur, dass ich in den letzten jahren keinen Chef mehr hatte…). GEFRAGT danach haben sie nicht. Es ging ihnen nicht um meine Situation. Es ging ihnen um SICH. Entweder darum, auf Teufel komm raus ein gutes Gewissen haben zu können, so wie der Polizist, der mich als Freier besuchte, mir erzählte, im Job ermittle er gegen Menschenhandel und als ich ihn fragte, wie er das zusammenkriege, meinte: “Ach, wieso, ich schade ja niemandem, ich schade dir ja nicht. Du bist freiwillig hier.” (Das legte er einfach mal so fest.) Oder eben sie versuchen, das meiste für sich rauszuholen, und das geht eben gut, wenn sie eine Zwangsprostituierte vor sich haben. Die kann und darf sich nämlich nicht wehren.

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Wenn Freier einen darüber belehren, wie Prostitution wirklich ist…

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Ich als Exprostituierte, die sich für die Einführung der Freierbestrafung in Deutschland einsetzt und die offen darüber spricht, wie Prostitution so ist, bekomme andauernd Zuschriften von Freiern, die mich davon überzeugen wollen, dass es „nicht so ist“, wie ich es erlebt habe. Eigentlich veröffentliche ich die nicht, aber heute habe ich mich doch mal dazu entschlossen, damit ihr mal einen Einblick bekommt in die Art, wie Freier denken. Geschrieben hat mir einer aus der Kategorie, die wir im Bordell „Liebeskasper“ genannt haben. Er ist einer von den “netten Freiern”. Aber ist er deswegen harmlos?

Das hier ist seine Mail:

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Freiwilligkeit und Prostitution

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Als Exprostituierte bin ich oft müde davon, zum hundertsten Mal ausdiskutieren zu müssen, ob Prostitution freiwillig ist. Denn die Frage nach dem Existenzrecht von Prostitution hängt nicht davon ab, ob es irgendwo eine gibt, die es “freiwillig” macht.

Wir brauchen mehr politische Analyse und weniger Fokusverschiebung auf die, die durch die Prostitution in der handlungsbeschränkteren Lage sind (das sind wir prostituierten Frauen). Prostitution wird nicht dadurch okay, dass irgendwo irgendeine sagt, dass sie es “freiwillig” tut, genauso wenig, wie partnerschaftliche Gewalt dadurch okay wird, dass eine Frau “freiwillig” bei ihrem schlagenden Mann bleibt.

Diese Konzentration auf das “ja” der Frau erinnert an Victimblaming. Wir brauchen mehr politische Analyse, wir brauchen einen Blick darauf, in welchen UMSTÄNDEN das “JA” gegeben wurde, und dann sehen wir: Ein “Ja”, das gegeben wird, weil ein “Nein” hiesse, negative Konsequenzen zu tragen (nichts zu essen, kein Geld für die Miete, Schläge) kann kein Konsens sein.
Abgesehen von der politischen Analyse fehlt mir auch oft der Blick auf die Freier. Warum wird andauernd das Verhalten derer, die sich prostituieren, kritisiert und zum 100. Mal durchgekaut? Wir sind doch schon lange an dem Punkt, an dem wir wissen, was Frauen dazu bringt, sich zu prostituieren.
Drehen wir doch den Spieß mal um und betrachten die Freier. Während man einer Frau sehr wohl zugestehen muss, dass sie mit ihrem Körper machen kann, was sie will (oder muss, um zu überleben), kann man einem Menschen wohl kaum genehmigen, mit dem Körper eines anderen zu tun, was er will – das sind nämlich zwei verschiedene Paar Schuhe.

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Sperrbezirke

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In Deutschland ist es ja so, dass Prostitution legal ist, aber nicht entkriminalisiert. Verkürzt bedeutet das, es ist erlaubt, sich zu prostituieren, aber es gibt so viele Regeln, die dabei einzuhalten sind, dass es fast unmöglich ist, keine davon zu brechen.
Was ganz klar sein muss, ist, dass die Forderung nach der Entkriminalisierung prostituierter Frauen eine Kernforderung des Abolitionismus ist. Strafen, Bussgelder, Regeln, die wir nicht einhalten können, helfen uns kein Stück und sorgen nur dafür, dass sich der Staat an dem Geld, das wir mühsam ervögeln, noch bereichert.
Klar ist: Wenn es Sperrbezirke gibt, dann sollen die gegen die Verstöße zahlen, die Prostitution nachfragen. Und das geht, die Gesetze kann man so auslegen, dass die Freier zur Kasse gebeten werden, und nicht wir.
Aber braucht es Sperrbezirke überhaupt?

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„Liebe“ Freier, die ihr mir, der Exprostituierten und Aktivistin, Mails und Nachrichten schreibt,

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sonst antworte ich euch nie, aber heute bekommt ihr von mir mal eine Sammelantwort, an euch alle.

Ich weiss, bei euch wird nichts ankommen, weil euch irgendwas fehlt im Kopf. Aber ich stelle jetzt mal ein bisschen Öffentlichkeit her, weil ihr sonst weiterhin denkt, dass ihr es mit mir ja machen könnt – hintenrum, heimlich, ohne dass es je jemand erfährt.

Heute möchte ich euch sagen: ihr nervt. Echt jetzt.

Es nerven die von euch, die zuerst gar nicht sagen, dass sie Freier sind, und die alles in Frage stellen, die erwarten, dass man EXTRA FÜR SIE Infos rauskramt und ihnen hinterherträgt, und zwar JEDE Info. Die Mühe mache ich mir nicht, weil ich genau weiss, es geht euch nicht darum, dass ihr überzeugt werden wollt, dass das, was ihr tut – mit Frauen schlafen, die keinen Bock auf euch haben, und ihr wisst das – falsch ist oder dass das Nordische Modell das richtige ist. Darum geht es euch nicht. Ihr tut nur so. In Wirklichkeit wollt ihr nur Energie absaugen. Ihr werdet euch nie ändern, weder in eurem Denken noch in eurem Handeln, egal, wie oft ihr die Illusion vermittelt. Alles, was ihr wollt, ist uns Aktivistinnen von der Arbeit abzuhalten. Spart euch eure halbseidenen Vorwürfe und aus der Luft gegriffenen Anschuldigungen, mögen eure Provokationen euch im Halse stecken bleiben.  Ich beschäftige mich nicht mit euch. Ich überzeuge keine Freier. Wer Freier ist, ist scheisse, und wer so unbedingt scheisse sein will, dem kann man eh nicht helfen. Ich spare mir meine Energie für wichtige Dinge auf. Ihr seid nicht wichtig. Mir egal, ob ihr verstanden haben werdet, dass es falsch ist, was ihr tut: das Nordische Modell kommt, und ihr werdet zur Verantwortung gezogen werden für das, was ihr tut, ob ihr begriffen habt, warum, ist völlig latte. Ich überzeuge jedenfalls keine Gewalttäter, ich rede nicht mit Vergewaltigern, ich diskutiere nicht mit Missbrauchern. Schreibt mir einfach nicht mehr. Und heult nicht rum, wenn ich euch nicht antworte – ich schulde euch nichts.

„„Liebe“ Freier, die ihr mir, der Exprostituierten und Aktivistin, Mails und Nachrichten schreibt,“ weiterlesen