Im feministischen Porno-Workshop

    Neulich war ich auf einem Workshop, der – so angekündigt – „feministischen Porno“ zum Inhalt hatte. Ich habe das für mich zum Anlass genommen zu schauen, wie Menschen, die bisher nicht mit feministischen Pornos in Kontakt gekommen sind, auf ihn reagieren.

    Die Workshopleiterin war eine Mitarbeiterin der Berliner „Sexclusivitäten“, und hatte dort, wie sie erzählte, eine Ausbildung zur „sexpositiven Referentin“  erhalten. Die Teilnehmenden (Frauen-Männer-Verhältnis etwa 50-50) waren junge AkademikerInnen.

    Vorgestellt wurde der „PorYes“-Award, der seit 2009 für Pornos, die bestimmte Kriterien erfüllen, verliehen wird. Die Referentin erklärte, es gehe darum, dem Mainstreamporno Alternativen entgegenzusetzen, „neue, andere Bilder“ zu machen und Geschlechterrollen aufzubrechen. Man verstehe sich komplementär zur PorNo-Bewegung, Zitat: „Alice Schwarzers Kritik am Mainstreamporno finden wir okay, aber wir wollen nicht verbieten, wir wollen andere Bilder machen.“ Denn wenn Pornographie verboten wäre, würde auch Frauen die Redefreiheit, das heisst, das Recht, ihre eigene Sexualität auszudrücken, genommen. „Sexpositiver Feminismus“ beruhe auf drei Grundlagen: der Annahme, dass die sexuelle Freiheit zur allgemeinen Freiheit gehöre, der Überzeugung, dass Gender gesellschaftlich produziert wird (dass wir also bestimmte Geschlechterrollen nicht biologisch begründen können, weil sie anerzogen werden) und der Konsens, das heisst, alle betroffenen Parteien müssen mit dem Akt einverstanden sein und dann habe auch keine dritte Partei und auch kein Staat sich mehr einzumischen.

    Jetzt ist ja aber das Problem mit Porno nicht nur, dass der Mainstreamporno immer gewalttätiger wird (dazu werde ich mal einen eigenen Text schreiben), sondern auch, dass Pornographie bedeutet, dass Menschen gegen Geld Sex miteinander haben, den sie ohne Geld wahrscheinlich nicht hätten. Pornographie ist also Prostitution, nur halt mit Kamera dabei. Und es stellt sich die Frage, kann man Pornographie bejahen, wenn man Prostitution einmal als falsch erkannt hat?

    Zwei Filmszenen wurden uns vorgespielt, eine heterosexuelle und eine „lesbische BDSM-Szene“ (Gegröle unter den Männern, schmierige Kommentare: klarer Favorit).

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    Ein Donnerstagnachmittag im Puff

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    Der Text ist zuerst bei den Störenfriedas (hier) erschienen.

     

    Dieser Text ist ein Tagebucheintrag aus dem Jahr 2005, als Huschke noch gar nicht Huschke hieß, sondern als SvenjaoderCharlotteoderwieauchimmer im Puff rumsaß.

    Warum gestern dieser Zusammenbruch, dieses totale Absacken und Aufgeben?

    Vielleicht kann ich diesen Job nicht mehr machen, vielleicht halte ich es jetzt schon nicht mehr aus, dass dieses verlogene System existiert, wo alte, geile Männer junge Mädels ficken, ja, sich richtiggehend zurechtzüchten – denn so wie früher „geschändete“ oder „gefallene“ Mädchen in die Prostitution gegeben wurden (gängige Praxis im Mittelalter – und danach auch noch, einmal „entehrt“ kommts ja nicht mehr drauf an) – so werden auch jetzt Töchter von ihren Vätern, Brüdern, Großvätern und Onkeln missbraucht und steigen danach folgerichtig in diese Branche ein und werden weiterhin behandelt wie Dreck, kriminalisiert, diskriminiert und missbraucht.

    An meiner Notlage, an der ich eine Teilschuld auch dem deutschen Staat zuschiebe, der es eben nicht für nötig hält, missbrauchten, misshandelten, „asozialen“ Kindern eine Chance, eine zweite wenigstens, wenn die Startbedingungen an denen Kinder nunmal nichts ändern können schon so beschissen war, zu geben, an dieser Notlage jedenfalls verdienen gleich mehrere Männer und patriarchale Systeme: meine Freier, mein Zuhälter und der deutsche Staat. Ich wurde benutzt und rausgeschmissen aus der Gesellschaft, als sei es meine Schuld gewesen, dass ich misshandelt wurde, und jetzt stehe ich im Abseitsjeder kann mit mir tun was er will, scheinbar kann mich jeder, der es nur will, ficken, naja, nicht mehr ganz jeder, jetzt nur noch die, die zahlen, und am liebsten hätten sie es ja, würde ich ihnen endlich alle Löcher zur Verfügung stellen, und daran verdienen die Herren vom Finanzamt ja gerne auch noch was, nicht wahr, mal abgesehen vom Zuhälter, dem ich sein Haus, seinen Jeep, seine S-Klasse erficke, während auch er mich freilich ficken kann, wenn er will, selbstredend, siehe sein Umgang auch mit meiner Kollegin, die ihm gegenüber nicht nein sagen darf sonst krachts.

    Und auch der Freier hat viel davon, doch nimmt er sich zuweilen noch viel mehr heraus als er eigentlich darf, aber mein Gott, was soll man schon nicht dürfen mit einer, die so viele Schwänze lutscht, mit einer, die nach Freierlogik ja demzufolge den ganzen Tag geil sein muss, und auch dafür müsste man sie bestrafen, wahrscheinlich braucht sie es nur mal wieder so richtig besorgt.

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    Was bedeutet Solidarität mit Prostituierten?

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    Dieser Text ist zuerst bei den Störenfriedas (hier) und in der Huffington Post (hier) erschienen.

     

    Seit Tagen treibt mich die Frage um, wie ich ausdrücken kann, was für mich Solidarität mit Prostituierten ist. Der Grund dafür ist das Prostituiertenschutzgesetz, welches diesen Sommer kommt, und die darin enthaltene Anmeldepflicht.

    Ich sage das gleich am Anfang: sollte ich jemals wieder anschaffen müssen, weil ich in einer Notlage bin, die jetzt noch nicht abzusehen ist, werde ich mich nicht anmelden. Eher hack ich mir die rechte Hand ab als das das zu tun.

    Ich habe mich für die Forderung nach einer Anmeldepflicht (ebenso wie für die Beratungs- und Kondompflicht) ausgesprochen, weil die Einführung des Nordischen Modells mit seiner Freierbestrafung in Deutschland leider noch nicht ernsthaft zur Debatte stand und steht, wiewohl ich mir das auch wünschen würde, und weil die Anmeldepflicht für die ausländischen Prostituierten, die aus den Armenhäusern Europas kommen und hier anschaffen (müssen), und die mittlerweile 70 – 90% aller Prostituierten ausmachen, eine Verbesserung ihres Status´ im Vergleich zu ihrem Status jetzt bedeutet. Die Anmeldepflicht ermöglicht nicht nur, nachvollziehen zu können, wo die Frauen gerade sind – das ist ein Schutz für die, die von Stadt zu Stadt herumgereicht werden ohne zu wissen, wo sie sind, und für die, die „verschwinden“, wenn sie verbraucht, zu kaputt sind oder Widerstand leisten. Sie ermöglicht auch, dass ausländische Prostituierte, die hier „gearbeitet“ (denn so sieht es der deutsche Staat, der fleißig profitiert von dem kommerziellen sexuellen Missbrauch der Frauen) und Steuern gezahlt haben, endlich auch statt Steuerpflichten einige Rechte zugestanden bekommen, zum Beispiel das Recht auf Sozialleistungen, was ihnen den Ausstieg ermöglichen kann. Das ist wichtig. Dass wir Abolitionistinnen das durchgesetzt haben, war richtig und wichtig, und doch gibt es ein ABER. Das ABER ist riesengroß.

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    Warum Sexualassistenz auch nur Prostitution ist

      Dieser Text ist zuerst bei den Störenfriedas (hier) erschienen.

       

      Die Debatte um Sexualassistenz hat mich richtig derbe aufgewühlt. Ich hab mehrere Nächte gebraucht um auseinanderzuklamüsern, was genau mich so fertig macht daran. Was mich daran hindert, einfach einen neuen bösen Text zu schreiben.

      Ich bin nicht nur Exprostituierte, ich habe nicht nur Erfahrungen in der Prostitution. Ich hab auch mal für ein paar Wochen im Behindertenheim gearbeitet. Und während der Debatte sind mir so viele Bilder von damals wieder aufgetaucht. Wir hatten einen 50igjährigen auf der Station, der hatte seit einem Hirnschlag keinerlei Kontrolle mehr über sein Sprachvermögen (unter anderem). Und das bei vollem Bewusstsein. Greifen ging nicht mehr, essen ging nicht mehr, sprechen ging nicht mehr. Zu dieser Zeit hatte ich einen Flirt mit einem Pfleger auf der Station. Niemand hat das mitbekommen, nur der Patient hat immer gegrinst, wenn er uns beide sah, hat zwischen uns hin- und hergeschaut und die Augenbrauen neckisch hochgezogen. Wir haben uns angelacht und fortan wussten also 3 Menschen von diesem Geheimnis. Aber ich habe mich auch unglaublich geschämt, dass ich einfach so rumlaufen und mich verlieben und das auch ausleben darf, während andere das nicht mehr können. Dann war da noch eine Patientin mit Trisomie 21, die mich dauernd umarmt hat. Ich kannte das nicht von Zuhause, liebevoll angefasst zu werden, und hab gleich erstmal losgeheult. Und jeden Tag hat sie mich auf ihre Hochzeit eingeladen. Sie hat sogar schon Bilder gemalt, von sich und ihrem Kleid und den Luftballons und den Gästen. Wenn man auf die leere Stelle neben der Braut getippt und gefragt hat: „Wo ist denn dein Bräutigam? Wen willst du denn heiraten?“ meinte sie immer leichthin: „Och, das weiß ich noch nicht. Aber bis morgen ist doch auch noch Zeit!“

      Heute Morgen hab ich dann endlich klargekriegt, was mich an der Debatte so fertig macht.

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      Wolf im Schafspelz: Sexualassistenz

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      Dieser Text ist zuerst auf Emma online (hier) erschienen.

       

      Die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Elisabeth Scharfenberg, hat der Welt am Sonntag gegenüber erwähnt, sie könne sich vorstellen, dass Kommunen die Kosten für eine sogenannte „Sexualassistenz“, also „sexuelle Dienstleistungen“ für ältere und demente oder behinderte Menschen übernehmen. Seitdem wird in den Medien breitgetreten, auch diese Menschen hätten ein Recht auf Sex und sie litten an Einsamkeit, fehlender Nähe und mangelnder Zärtlichkeit. Das regt mich nicht nur als Ex-Prostituierte, sondern auch als denkender und fühlender Mensch wahnsinnig auf. Was soll uns hier eigentlich verkauft werden?

      Zunächst mal ist „Sexualassistenz“ auch nur ein etwas schönerer Name für Prostitution. Schaut man sich die Angebote an, findet man: Küssen, Schmusen, Kuscheln, Streicheln, Oral- und Geschlechtsverkehr. Was ist das bitte anderes als der „girlfriend sex“, dessen „Nähe und Zuneigung“, zu der sich die Prostituierten in den meisten Fällen überwinden müssen, diese oft emotional traumatisiert hinterlässt?

      Wütend macht mich auch, dass hier versucht wird uns weiszumachen eine Stunde mit einer Prostituierten löse für die alten, dementen oder behinderten Menschen ein Problem, an dem sie wirklich leiden: die Exklusion aus der Gesellschaft, die emotionale Verwahrlosung, den Pflegenotstand, der für kein Gespräch zwischen Pflegefachkraft und PatientIn Zeit lässt, für keine Hand auf der Schulter, keine Tasse Kaffee, keinen Schnack. All diese Probleme lösen sich nicht in Luft auf, wenn per Rezept eine Stunde gekaufter Sex eingelöst wird!

      Auch frage ich mich, was das für eine Politik sein soll, wenn, wie von pro familia vorgeschlagen, auf die Übergriffe auf Schwesternpersonal durch alte demente Männer derart reagiert wird, dass diesen eine Prostituierte zur Verfügung gestellt werden soll. Auch wenn diese Männer nichts dafür können (mit der Impulskontrolle isses bei Demenz dann nicht mehr so weit her), aber ist das die Art, wie wir künftig mit Übergriffen umgehen möchten? Wer bekommt dann als nächstes eine Prostituierte verschrieben? Alle die ihre Hände nicht bei sich lassen können? Da ist sie wieder: die „Prostitution ist gut gegen Vergewaltigungen“-Sache, die Triebabfuhr-Theorie. Schon hundert Mal widerlegt und trotzdem nicht totzukriegen. Und ich bekomme das Gefühl nicht los, dass es hier auch darum geht, Patienten ruhigzustellen.

      Und „Patienten“ habe ich jetzt ganz bewusst nicht gegendert. Denn wir alle warten vergeblich auf das Heer der männlichen Sexualassistenten, die sich den Omis zur Verfügung stellen. Das  „Recht auf Sex“ gilt ja für alle, wie ich in mehreren Artikeln gelesen habe. Also auch für die Omis. Dann mal her mit den jungen Kerlen! Aber die dementen Omis werden, wie ich lesen muss, mit einem Vibrator allein aufs Zimmer geschickt.

      Überhaupt, wie darf ich mir das alles vorstellen? Müssen diese Omis, die vielleicht die Massenvergewaltigungen durch die alliierten Armeen nach Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt haben, die durch gesetzlich festgeschriebene „eheliche Pflichten“ durchmussten, die Vergewaltigung in der Ehe nie anzeigen konnten (bis 1997 nicht) auf der Station jetzt mitbekommen, wie sich die alten Herren immer noch ihres vermeintlichen Rechtes auf Sex und auf Frauenkörper bedienen?

      Wenn ich lese „auch alte und behinderte und demente Menschen haben ein Recht auf Sex“ finde ich die Vermengung der Ebenen verblüffend. Ja, jedeR hat das Recht auf die eigene Sexualität, sofern sie niemanden belastet. Behinderte Menschen haben ein Recht darauf, in Einrichtungen zu leben die ihnen genügend Privatsphäre für Selbstbefriedigung oder sexuellen Austausch lassen. Alte Menschen sollten nicht beschämt werden für den Sex, den sie haben. Ja, dieses Recht auf Sexualität gibt es, aber es gibt eben KEIN Recht das einem oder einer ein Mensch zur Verfügung gestellt wird, der dabei mitmacht. „Sexualassistenz“ ist ein Wolf im Schafspelz, der Behinderte und Alte vorschiebt, obwohl es in Wirklichkeit darum geht, Verfügungsgewalten über Frauenkörper festzuschreiben. Prostitution läuft gut in Deutschland. Warum nicht neue Märkte erschließen? Schließlich sollen alle was von dem Fleischmarkt mit jungen, oft ausländischen Frauen haben, pardon: alle Männer. Auch die dementen, alten und behinderten.

       

      Scharfenberg hat auf ihrer Homepage ihre Aussage übrigens präzisiert: „Und darum gibt es sie, die Sexualbegleiterinnen und Sexualbegleiter. Menschen, die in Pflegeeinrichtungen kommen und gegen Geld sexuelle Wünsche der Bewohnerinnen und Bewohner erfüllen. Dann, wenn keine Partnerin oder kein Partner mehr da ist. Dann, wenn Menschen sich genau das wünschen.“ Einmal auf der Zunge zergehen lassen bitte: Dann, wenn keine Partnerin mehr da ist.

      Und damit wissen wir jetzt alle ganz genau, welcher Vorschlag als nächstes von den grünen ProstitutionsverteidigerInnen kommt.

       

      Huschke Mau

      Interview mit Feministiskt Perspektiv

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      Soledad Cartagena von der schwedischen Internetzeitung Feministiskt Perspektiv hat mich interviewt.

      Warum hast du den Brief “Ich habe die Schnauze voll von Euch” geschrieben?

      Ich habe den Brief geschrieben, als ich ein Interview mit ihr las, in dem sie [Stefanie Klee] schrieb das einzige traumatisierende an der Prostitution sei die Stigmatisierung, beginnend ab dem Moment an dem sie das Bordell verlasse. Es war so unglaublich zynisch und menschenverachtend, wie sie die Tatsachen verdreht und Prostitution als etwas dargestellt hat, das nicht schädigend ist. In Deutschland ist es schwer, als ehemalige Prostituierte zu sprechen. Das gesellschaftliche Klima ist unglaublich feindlich. Männer glauben immer noch, sie hätten ein Recht auf Sex. Dass Sex sich nicht von dem Körper, von dem Menschen trennen lässt, wird ausgeblendet. In Deutschland zu sagen, wie es wirklich ist, sich zu prostituieren, ist schwer. Man wird angegriffen, beleidigt, verhöhnt und erlebt schwere Verletzungen durch die abwertenden Kommentare. Ich wurde sogar schon von Menschen darüber belehrt, was meine Erfahrungen in der „Sexarbeit“ zu sein haben, und wenn sie nicht positiv sind, läge es an mir. Ich wurde auch schon gefragt: „Wenn du keinen Sex magst, warum bist du dann Sexarbeiterin geworden? Schön doof!“ oder es wurde behauptet, ich hätte mir das alles ausgedacht. Weil das gesellschaftliche Klima in Deutschland so pro Prostitution ist, habe ich lange geschwiegen. Aber als ich das Interview mit Stephanie Klee gelesen habe (die von der Pro-Prostitutionslobby kommt, eine eigene Agentur besitzt und sich jetzt auf „Sexualassistenz Behinderter spezialisiert hat) ist irgendetwas in mir geplatzt. Ich war einfach zu wütend! All diese Behauptungen sorgen dafür, dass sich die Realität hunderttausender prostituierter Frauen in Deutschland nicht ändert und dass sie weiter in diesem Sumpf stecken, in dem sie missbraucht werden und ihnen keiner glaubt, was sie erleben!

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      Deutsche Zustände. Eine Momentaufnahme

        Dieser Text ist zuerst bei den Störenfriedas (hier) und auf Emma online (hier) erschienen.

         

        Es ist ein Samstag im September. Ich bin extra früh aufgestanden, weil ich zum Sport wollte. Aber das kann ich jetzt knicken, denn vor dem Sport sollte man ein bisschen was essen, und ich krieg jetzt nichts mehr runter. Ein Hoch auf die fatale Angewohnheit, noch vor dem Frühstück in die sozialen Medien zu gucken. Hätte ich mir sparen sollen.

        Es ist ein Samstag im September, und ich lese, dass ein Bordellbetreiber, ein verurteilter Menschenhändlermit Kontakten in die organisierte Kriminalität, Prinz Marcus von Sachsen-Anhalt, im Fernsehen aus dem Nähkästchen plaudern darf. Darüber, wie reich ihn die Ausbeutung von Frauen gemacht hat. Darüber, wie das so läuft, wenn er Frauen an andere Zuhälter verkauft. Darüber, wie er die Frauen hat 16 Stunden am Tag schaffen lassen und darüber, wie viel Kohle ihm das gebracht hat. Darüber, dass er sich für einen „guten Luden“ hält. Und darüber, wie lustig das ist, dass die Polizei das alles für Sklaverei hält.

        Denn in Deutschland, dem Land mit dem liberalsten Prostitutionsgesetz der Welt, haben im Jahr 15 seit Verabschiedung eben jenen Gesetzes Menschenhändler, Zuhälter und Bordellbetreiber nichts weiter zu fürchten. Sie sitzen gelackt und geschniegelt in Talkshows und können sich offen über ihren Job verbreiten, sie sind angesehene Geschäftsmänner und wenn sie Ärger mit der Justiz bekommen, dann höchstens wegen Steuerhinterziehung. Willkommen in einem Land, für dessen Bevölkerung Zuhälter und Menschenhändler nicht verachtens- und ächtenswert, sondern Unterhaltung sind. In der sie als schillernde Vögel durch ihre Bordelle führen dürfen. In der sie Promis sind, deren Knasterfahrung und Nähe zu den Hells Angels höchstens noch als spannend angesehen werden.

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        Der Freier. Warum Männer zu Prostituierten gehen, und was sie über diese denken.

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        Dieser Text ist zuerst bei der Kritischen Perspektive (hier) erschienen.

         

        Neben meinem Schreibtisch steht so eine Kiste, in der sammel ich böse Erinnerungen. Jedes Mal, wenn ich einen Flashback oder „intrusive Gedanken“ habe, schreibe ich die ganz schnell auf einen Zettel, werfe diesen in die Kiste und mach die Klappe zu. Die Kiste ist ziemlich voll. Heute habe ich in dieser Kiste einiges aufgewühlt, weil ich einen Text über Freier schreiben wollte. Und ja, ich sage „Freier“ – das kommt von „jemanden freien“, wie „auf Freiersfüßen wandeln“ – und ist damit ein Euphemismus für sexuellen Missbrauch, den die Freier in der Prostitution ja betreiben, und eines von vielen Beispielen dafür, dass wir in einer Gesellschaft leben, die sexuelle Gewalt gegen Frauen akzeptiert, normalisiert und kleinredet. Den Begriff „Freier“ verwende ich trotzdem, aus Mangel an Alternativen, und weil Prostituierte ihre „Kunden“ eben so nennen, und ja, man darf in diesen Begriff durchaus einen abfälligen Touch reinhören. Ich sage bewusst nicht „Sexkäufer“, denn in der Prostitution findet kein Sex statt, der von „Sexarbeiterin“ zu „Sexkäufer“ transferiert und über die Ladentheke gereicht würde. Merkwürdigerweise wird über die Menschen, die diese Gewalt ausüben wenig gesprochen, es geht beim Thema Prostitution meist um die Frauen, die das doch „machen dürfen sollen“. Ich höre dann immer von all den „selbstbewussten, netten, sympathischen Huren“, die wieder irgendjemand kennt, was aber gar nichts aussagt, denn ich kenne auch einige „selbstbewusste, nette, sympathische“ HartzIV´lerInnen, was mich trotzdem nicht davon abhält, das System Hartz IV abzulehnen. Prostitution abzulehnen bedeutet nicht, Prostituierte abzulehnen, sondern das System Prostitution verstanden zu haben – ein System, dass die Freier erst begründen – durch ihre Nachfrage.

        Neulich wurde ich gefragt, woran man einen Freier erkennt, und da musste ich zugeben: wenn er nicht gerade im Puff vor Dir steht und mit einem Hunni wedelt, gar nicht. Nein, auch ich erkenne Freier in der freien Wildbahn nicht, auch nach 10 Jahren Prostitution nicht. Das liegt daran, dass es, wie man so häufig hört, wirklich „ganz normale Männer“ sind, was jetzt und hier aber nicht als Beruhigung gemeint ist. Fragt man Männer ob sie schon mal im Puff waren, lügen sie einen meist an („Würde ich nie tun“) oder erzählen einem das Märchen von „Ich war nur ein einziges Mal und es war so voll schlimm, dass ich es nie wieder getan habe“ (wenn ihr sowas hört: RENNT!). Freier sind völlig unterschiedliche Typen. Es ist einfach alles vertreten, alle Berufe, alle Altersklassen, alle Charaktere – nur eines haben sie alle gemeinsam – dazu später mehr.

        Freier

        Aber wie sind Freier denn so? Vorab: die Geschichten von all den behinderten Männern, die Prostitution brauchen um ihre sexuellen Bedürfnisse zu erfüllen, sind nicht wahr. In 10 Jahren Prostitution hab ich keinen einzigen behinderten Freier gehabt, davon mal abgesehen ist es diskriminierend, Behinderten zu unterstellen, es wöllte eh niemand freiwillig mit ihnen Sex haben. Für den weiblichen Teil der Menschen mit Einschränkungen trifft das eh nicht zu, denn die werden sogar überdurchschnitlich häufig missbraucht.

        Ebenfalls nicht wahr ist, dass „viele nur zum reden kommen“. Das war in all der Zeit bei mir genau 1 Freier (in Worten: einer). Diese Begründung dient augenscheinlich dazu, Männer als Opfer darzustellen (sie müssen ja immer stark und dominant sein, die Armen) und gleichzeitig schönzureden, was sie im Bordell wirklich tun. „Der Freier. Warum Männer zu Prostituierten gehen, und was sie über diese denken.“ weiterlesen

        Die linke Freude an der Prostitution

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        Dieser Text ist zuerst bei der Kritischen Perspektive (hier) erschienen.

        Offener Brief an die Linksjugend/Solid bezüglich ihres Positionspapiers “Solidarität mit Sexarbeiter*innen – Nein zum neuen Prostituiertenschutzgesetz – Nein zu Bevormundung und Fremdbestimmung im sexuellen Dienstleistungsgewerbe”.

        Liebe Menschen von der Linksjugend-solid,

        ich möchte ganz gezielt diejenigen unter euch ansprechen, die am 8. / 9. April 2016 auf dem Bundeskongress für den Antrag „Solidarität mit Sex­arbeiter*innen – Nein zum neuen Prostituierten­schutz­gesetz – Nein zu Bevormundung und Fremdbestimmung im sexuellen Dienst­leistungs­gewerbe“ gestimmt haben. Das waren ja wohl nicht alle von euch, es besteht also Hoffnung.

        Ich bin eine ehemalige, wie ihr es nennt, „Sexarbeiterin“, und ich habe euren Antrag gelesen und möchte euch gerne mal mitteilen, was ich von eurer angebotenen „Solidarität“ halte.

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        „Die Gewalt findet mitten unter uns statt. Schaut hin!“

          Nachfolgend meine Rede, die bei Frauenkampftagsdemos in Berlin, München und Frankfurt verlesen wurde und die zuerst bei der Feministischen Partei (hier) erschienen ist.

          Die hier versammelten Frauenverbände zeigen, dass Frauen verschiedener politischer Herkunft in fast allen politischen und sozialen Bereichen einen Meinungskonsens erreichen können. Nur leider auf dem Gebiet der Prostitution nicht. Warum ist das so? Ich war 10 Jahre lang in der Prostitution tätig und kann nicht mehr zählen, wieviele Männer meine Körperöffnungen benutzt haben. Und ich kann das Märchen von der sauberen Prostitution, in der frau ihre freie Sexualität auslebt, nicht mehr hören. Die, die in den Talkshows sitzen und das erzählen, sind meist gar keine Prostituierten, sondern Bordellbesitzerinnen – Zuhälterinnen! Und gerade und ausgerechnet die Linke folgt einer kapitalistischen Argumentation, wenn sie das Selbst zum Körper, den Körper zu Sex und den Sex zur Dienstleistung erklärt und meint, Prostitution sei legitim und eben nur eine Zuspitzung dessen, was alle Lohnarbeiterinnen im Kapitalismus erleben, nämlich den Verkauf der Arbeitskraft.

          Ich möchte meine Sexualität nicht als Arbeitskraft sehen, wenigstens unser Intimstes soll uns doch gelassen werden! Aber ausgerechnet die Linke tritt für die Komplettverkapitalisierung von Frauen ein und entsolidarisiert sich damit von uns Prostituierten und Exprostituierten. Auch das beschönigende Gerede von der befreiten Sexualität kann ich nicht mehr hören, das Gequatsche von „Sexarbeit“ und „dem Recht, Sex zu verkaufen“. Was ist mit dem Recht sich nicht zu prostituieren und heil zu bleiben? Wenn ihr Bauchweh bekommt bei der Vorstellung, den Pimmel eines alten stinkenden Grabscheopas in den Mund zu nehmen bis er euch ins Gesicht spritzt, warum geht ihr dann davon aus dieser demütigende Akt sei für andere Frauen eine sexuelle Befreiung? Während in den Medien sog. „glückliche Sexarbeiterinnen“ vorgestellt werden, spülen sich anderswo blutjunge Rumäninnen die Scheide mit Desinfektionsmitteln aus, weil sie sich so vor den 10, 15 Männern ekeln, die sie täglich über sich drüber und in sich hineinlassen müssen.

          Wir dürfen nicht vergessen, dass Prostitution ein sexistisches System ist, denn 98 % aller Menschen in der Prostitution sind Frauen, und es sind MÄNNER, die diese Frauen kaufen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Prostitution ein rassistisches System ist, denn es sind westliche, „weiße“ Männer, die derzeit Frauen aus Südosteuropa und Osteuropa kaufen – 90 % aller prostituierten Frauen in Dtl. stammen daher. Wir dürfen nicht vergessen, dass Prostitution ein klassistisches System ist, denn es sind reiche Männer, die Frauen aus armen Ländern oder aus den unteren Schichten ficken und dafür bezahlen. Wozu bitte brauchen wir ein sexistisches, rassistisches, klassistisches System, ein urpatriarchales System, und wie konnte es passieren, dass uns das jetzt als die Befreiung der Frau verkauft wird? Prostitution schadet der Gesellschaft, sie verhindert wahre Gleichberechtigung, wenn ein Geschlecht das andere kaufen kann. Prostitution schadet uns Frauen in der Prostitution. 68 % von uns haben mit Posttraumatischen Belastungsstörungen in der Stärke derer die Folter überlebt haben zu kämpfen, Süchte, Ängste, Zwänge, Depressionen, Einsamkeit, Selbsthass kommen hinzu. 9 von 10 Frauen in der Prostitution würden sofort aussteigen, wenn sie es könnten, aber sie können nicht. Ich kann das Gerede von „selbstbestimmter Prostitution“ und von der „eigenen Entscheidung“ nicht mehr hören. Zu einer Entscheidung gehört eine Handlungsoption und mindestens eine Alternative, aber die Frauen, die ich kenne, haben keine andere Option gesehen als sich zu prostituieren. Was soll das bitte für eine freie, selbstbestimmte Entscheidung sein? Ich kenne keine Frau, die in die Prostitution eingestiegen wäre und zuvor keine sexualisierte Gewalt erfahren hätte – ob durch Kindesmissbrauch, Vergewaltigung…

          Wir brauchen keine Legalisierung und Entkriminalisierung der Prostitution. Es ist nicht das Stigma, das uns vergewaltigt, missbraucht, tötet. Es sind die Freier. Mit einer Legalisierung entlassen wir die, die uns das antun, aus der Verantwortung. Der prostitutive Akte an sich ist Gewalt, er ist eine Erniedrigung, er ist ein Wegbezahlen der Sexualität und der Persönlichkeit der prostituierten Frau. Eine Legalisierung der Prostitution legitimiert das und wäre ungefähr so paradox wie die Legalisierung häuslicher Gewalt mit der Begründung, die Frauen sollten sich jetzt endlich nicht mehr dafür schämen müssen.

          400.000 Prostituierte befinden sich momentan in Deutschland. Jeden Tag gehen 1,2 Millionen Männer zu ihnen – in Deutschland. Es gibt keine saubere Prostitution, um das zu wissen, genügt ein Blick in die Freierforen im Internet, genügt ein Blick darauf, wie diese Männer Prostituierte und den Akt an sich beschreiben, wie sie in gleichgültiger Grausamkeit den Missbrauch an uns ausüben oder sich sogar sadistisch an ihm aufgeilen.

          Ich möchte alle Frauen, die sich heute hier befinden, darum bitten, nicht mehr wegzusehen, sondern das uns von den Medien vorgesetzte Bild der „glücklichen, befreiten Sexarbeiterin“ zu hinterfragen. Bitte solidarisiert euch mit uns.

          Die Gewalt findet mitten unter uns statt – bitte schaut hin und hört uns zu.

           

          © Huschke Mau