Mein Name ist Huschke Mau, ich bin Exprostituierte, und auch wenn
ich weiss, und am eigenen Leib erfahren habe, dass Prostitution Gewalt
gegen Frauen ist, schreibe ich heute darüber, dass ich mir wünsche, dass
eine Zuhälterin ein bisschen mehr Solidarität erfährt.
Das klingt schockierend – wie begründe ich das?
Der Stern-Artikel zu Schwesta Ewas Biographie hat für ganz schön Furore
gesorgt. Die Rapperin war nach gewaltbesetzter Kindheit lange selber in
der Prostitution und sie hat später andere, teils Minderjährige, in die
Prostitution vermittelt, und dazu nicht nur das
Abhängigkeitsverhältnis, welches bestand (es waren weitaus jüngere Fans)
ausgenutzt, sondern sich auch körperlicher Gewalt bedient.
Vorab: Dass sie dafür bestraft wird, ist natürlich richtig.
ABER.
In den Kommentarspalten tobt dazu mal wieder der Mob. Leute, die sonst
nichts dagegen haben, dass es eine Riege von Frauen und Mädchen gibt,
die die Gesellschaft, oft schon von Vornherein und von der Kindheit an,
zum Abschuss freigegeben hat, Leute, die sich gerne selber der
Prostitution bedienen, Leute, die vielleicht selber Schwesta Ewas
minderjährige Fans ganz gerne mal auf Hausbesuch gehabt hätten,
beschimpfen jetzt die Frau, die dafür gesorgt hat, dass das, was sie
nutzen (Prostitution, Prostituierte) zur Verfügung gestellt werden
konnte.
Wie verlogen ist das?
Es ist so deutlich, dass diese Art nur so vor Doppelmoral trieft.
Freier sein?
Kein Thema, ist doch normal.
Hure sein?
Boah, die Schlampe. Hat es nicht anders verdient.
Zuhälterin sein? OMG GANZ SCHLIMM, ABSCHAUM.
Was soll das? Wer Prostitution nutzt, mag, verteidigt, der sollte sich
im Klaren darüber sein, dass Prostitution nie sauber ist. Kein Freier
kann genau wissen, ob die prostituierte Frau gerade aus ökonomischen
Zwängen mit ihm schläft, ob sie Kindheitstraumata reinszeniert, ob sie
sonst von Zuhälter (oder von Schwesta Ewa) auf die Fresse kriegt.
Die Empörung, die sich in den Kommentarspalten zeigt, weist nicht darauf
hin, dass diese Gesellschaft etwas dagegen hat, dass es Mädchen und
Frauen gibt, denen weder in der Kindheit noch in der Zeit danach
geholfen wird, sich vor sexuellem Missbrauch zu schützen. Nein, diese
Gesellschaft hat nichts dagegen. Sie will es nur nicht SEHEN. Die
Empörung, die sich hier zeigt, ist eine Empörung darüber, SEHEN ZU
MÜSSEN, mit welch dreckigen Methoden in der Prostitution agiert wird und
welch teils schlimme Schicksale dahinterstehen. Und das überrascht mich
nicht, aber natürlich kotzt es mich an.
„Eiswürfelherzmomente – Wenn man in der Prostitution die Seiten wechselt“ weiterlesen